Aus eigener Anschauung ist uns bekannt, dass wir alle - Bürger, Unternehmen, Vereine, Organisationen - nicht ständig mehr Geld ausgeben können als wir einnehmen. Tun wir´s trotzdem, so brauchen wir unser Vermögen auf oder machen Schulden, die einst zurückgezahlt werden müssen. Das gilt für alle einzeln Beteiligte am Wirtschaftsgeschehen. Nur für den Staat (als Oberbegriff für alle hoheitlichen Einrichtungen) gilt das nicht. Weshalb das so ist, soll in diesem Traktat dargelegt werden.
Es fällt uns nicht leicht, diese These zu akzeptieren, weil unsere eigene Erfahrung dem widerspricht. Aber unsere eigene Erfahrung zeigt auch täglich, dass (scheinbar) die Sonne im Osten aufgeht, über den Himmel wandert und im Westen untergeht. Unser Sprachgebrauch spiegelt diese falsche Wahrnehmung immer noch wider:
Wir sagen eben nicht, dass wir uns morgens der Sonne entgegendrehen und abends in unserem eigenen Schatten von ihr wegtauchen. Und trotzdem ist das so. Erst genaue Beobachtung, Mut und logisches Denken haben uns hier die richtige Sicht der Dinge erkennen lassen. Aber fühlen können wir das neue Weltbild trotzdem nur sehr schwer; unsere Augen narren uns täglich aufs Neue.
Ähnlich ist das mit der Erkenntnis der Rolle, der Möglichkeiten und der Aufgaben der öffentlichen Hand in der Volkswirtschaft: Wir müssen unsere täglichen betriebswirtschaftlichen Beobachtungen für diesen Bereich -öffentliche Hand- bei Seite schieben und stets aufs Neue überdenken.
Insofern steht am Anfang diesen Traktats auch eine Überlegung zum Unterschied zwischen Betriebs- und Volkswirtschaft; deren Nutzen mag zunächst noch unklar erscheinen. Am Ende dieser Darlegung sollte daraus aber wieder ein ursprüngliches Fundament für die volkswirtschaftliche Diskussionen sichtbar werden; als ursprünglich wird dieses Fundament bezeichnet, weil diese Überlegungen ja nicht neu, zur Zeit jedoch offenbar verschüttet sind, jedenfalls nicht im allgemeinen Bewusstsein gegenwärtig .
Die volkswirtschaftlich-politische Diskussion wird seit Jahren von einigen scheinbar
einleuchtenden Feststellungen überlagert, die aus der betriebswirtschaftlichen Denkweise
übernommen wurden. Weil sie eben aus der Betriebswirtschaft vertraut und dort gebräuchlich
sind, werden sie ohne weiteres auch in der volkswirtschaftlichen Diskussion angewendet und
akzeptiert. Solche betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkte, gültig für jedes Einzelteil der
Wirtschaft, blockieren inzwischen leider alle gesamtwirtschaftlichen Überlegungen. Daher
gehören sie nun doch einmal hinterfragt.
Hierbei ist nun nicht das Problem gemeint, dass die Einzelinteressen der Wirtschaftseinheiten
ohne Rücksicht auf die Interessen der Gesamtheit verteidigt und dabei von starken Lobbygruppen
alle Entwicklungen blockiert werden, die gegen deren eigene (betriebswirtschaftliche) Vorteile
laufen. Dies ist zwar auch ein Problem unseres hochorganisierten Ständestaates, der durch das
machtvolle Durchsetzen von Einzelinteressen paralysiert zu werden droht. Aber darum geht es hier
nicht: Hier wird vielmehr versucht, zwischen zwei unterschiedlichen Zweigen der
Wirtschaftswissenschaft aufzuräumen, damit nicht auch weiterhin gedankenlos die eine
(Volkswirtschaft) von der anderen (Betriebswirtschaft) zugeschüttet wird.
Zu den erwähnten Aussagen, die aus der Betriebswirtschaft stammen, aber die
volkswirtschaftlichen Betrachtungen unzulässig verdrängt haben, gehören u.a.:
„Die öffentlichen Haushalte sind pleite“.
„Staatsschulden gefährden die Zukunft unserer Kinder“.
„Mehr Geld führt zu Inflation“.
„Milliarden sind (z.B. im Aufbau Ost) verschwunden“.
„Die öffentlichen Haushalte müssen konsolidiert werden“.
„Der Schuldenberg wird den Nachkommen aufgebürdet“.
Wie wir seit Jahren täglich erleben, beherrschen solche Argumente nun die volkswirtschaftlich-politische Diskussion vollständig; daneben bleibt kein Raum für wirklich gesamtwirtschaftliche Überlegungen. Das genau aber ist das Thema dieses Traktats.
Aus dieser Klärung ergeben sich dann eine Reihe von volkswirtschaftlichen Konsequenzen. Diese werden im zweiten Teil (ab Punkt 3) angedacht.
1 Volkswirtschaft versus BetriebswirtschaftVolkswirtschaft ist grundsätzlich anderes als Betriebswirtschaft.
Betriebswirtschaft befasst sich – wie der Name sagt – mit dem Wirtschaften eines Teiles der Gesamtwirtschaft, also eines Betriebes oder eines Haushaltes, eines Unternehmens oder einer Organisation. Die Sicht ist auf die einzelne Wirtschaftseinheit gerichtet. Z.B.: Wie sind solche Einheiten strukturiert? Wie wirtschaften sie? Wie ist ihre individuelle Stellung in der Wirtschaft, ihr Verhältnis zu anderen Wirtschaftseinheiten? Kurz: Wer ist es? Welches sind ihre Ziele? Mit wem wirtschaftet sie? Wie machen sie das? Was brauchen sie dazu? Wer und was hindert sie? Haben sie Erfolg oder nicht? (Wie stellt man den fest?) Und was wenn… ?
Man kann sich dabei “die Wirtschaft“ als ein großes komplexes mehrdimensionales Netz
vorstellen, dessen Fäden an vielen Stellen verknotet sind. Jeder dieser Knoten stelle
einen Betrieb, einen Haushalt oder ein Unternehmen dar, eine Wirtschaftseinheit eben.
Diese ist mit vielen anderen verbunden.
Mit solchen Knoten, ihrer Struktur und den Verbindungen, die den Knoten halten, befasst
sich Betriebswirtschaft. Es wird dabei bewusst der Blick fokussiert auf bestimmt Punkte
und Teile des Netzes.
Anders ist die Betrachtung der Volkswirtschaft: Sie fragt nicht nach dem Charakter des einzelnen Knotens, sondern sie analysiert und beschreibt das Gitternetz an sich, in dem alle Knoten hängen; Volkswirtschaft beachtet die unterschiedlichen Funktionen und Aufgaben der Bauteile des Netzes, der Knoten und “Stricke“ (Verbindungen). Es wird das Zusammenspiel aller Einheiten dargestellt; dabei steht nicht die einzelne Einheit als solche im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern deren Funktionen im Netz und ihr Einfluss auf dessen übrige Teile.
Die Volkswirtschaft interessiert nicht wie, warum und mit welchem Erfolg der Einzelne handelt, sondern nur: Wie wirken sich seine Aktivitäten auf das Wirtschaftsnetz aus und wie wirken solche Einflüsse zurück...
Um im Bild zu bleiben: Wenn ein Knoten ( Wirtschaftseinheit) eine Bewegung initiiert, interessiert es die Betriebswirtschaft wie sich dies auf diese Wirtschaftseinheit selbst und ihre unmittelbaren Verbindungen zu anderen auswirkt: Welche ihrer Verbindungen werden beeinflusst und wie? Und auch: Wie wirkt das auf die Wirtschaftseinheit selbst zurück?
Volkswirtschaft dagegen untersucht, welche Schwingungen oder Spannungen diese Ursprungsbewegung im Netz auslöst und wie sich dies auf das Netz, auf dessen gesamte Spannungen und Schwingungen und somit auf alle Wirtschaftseinheiten und alle Verbindungen auswirkt.
Betriebswirtschaft untersucht den Knoten im Netz des wirtschaftlichen Geflechtes und die Fäden, die ihn halten; die Sicht geht vom Einzelnen aus – und direkt wieder zu ihm zurück. Die Wirkung auf die anderen Wirtschaftseinheiten interessiert die Betriebswirtschaft nur soweit, als sie unmittelbar auf die einzeln betrachtete Einheit wieder rückwirkt. Es handelt sich gewissermaßen um eine lineare Betrachtung zwischen einzelnen Punkten.
Volkswirtschaft betrachtet dagegen das Netz insgesamt, welche Funktionen jedes Bauteil, jeder Knoten und jeder “Strick“ haben und welche Wirkungen das Verhalten der Knoten auf das gesamte Geflecht ausüben. Und da dieses Netz als die Verbindung aller Einheiten nicht irgendwo zu Ende ist, sondern in sich zurückläuft, laufen auch die volkswirtschaftlichen Betrachtungen im ganzen System rund und zurück. Das System ist in sich geschlossen. Deshalb steht dem separiert punktuellen Fokus in der Betriebswirtschaft (einer linearen Hin- und Rückbewegung), typischerweise in der volkswirtschaftlichen Betrachtung das Denken in Netzen und Kreisläufen gegenüber.
Zusammenfassung
Man muss sich Betriebswirtschaft als fokussierte Betrachtung der einzelnen Bauteile des Wirtschaftsnetzes, also der einzelnen Wirtschaftseinheiten (Knoten) und der Verbindungen (Stricke) vorstellen; dabei werden diese Bausteine des gesamtwirtschaftlichen Netzes analysiert daraufhin, wie sie gebaut sind, wie sie funktionieren und reagieren. Alles was unmittelbaren Einfluss hat auf die im Fokus stehende Einheit ist dabei von Interesse.
Volkswirtschaft dagegen interessiert sich nur für das Zusammenspiel aller im Wirtschaftsnetz Beteiligten. Hier wird gefragt, welche Auswirkung die Aktion einer Einheit auf alle anderen, d.h. auf das gesamte Netz hat. Es interessiert dabei wenig, welche Wirkung die Aktion eines Einzelnen auf sich selbst hat; wichtig ist die Wirkung auf alle anderen Einheiten, auf das gesamte Wirtschaftsnetz.
1.1 Wirtschaftseinheiten, ihre Aufgaben und Ziele.Wirtschaftseinheiten haben ihrer Art entsprechend unterschiedliche Aufgaben, Ziele und Verhaltensweisen und zwar sowohl aus betriebswirtschaftlicher wie aus volkswirtschaftlicher Sicht:
Private Haushalte sind das ursprüngliche Ziel für alles Wirtschaften. Sie haben
Bedürfnisse, die sie möglichst individuell zu befriedigen suchen. Sofern sie diese nicht
selbst decken können, wie das bei früheren Formen der Selbstversorgung möglich war,
setzen sie Bedarf in Nachfrage um, d.h. sie kaufen von anderen: sie tauschen dabei Geld
gegen Güter oder Leistungen. Geld ist für sie ein allgemeiner Anspruch, den sie dann,
wann immer sie wollen, für ihren Bedarf konkretisieren können: Sie fragen nach.
Um über solche (allgemeinen) Ansprüche überhaupt zu verfügen, müssen private Haushalte
selbst etwas bieten, - in der Regel eigene Arbeit (oder Vermögen). Sie bieten also konkrete
Leistung an, um damit allgemeine Ansprüche auf Teile des Volksvermögens zu erwerben
(= Geld).
Private Haushalte sind nicht zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet; sie arbeiten aber
sparsam, da das ihnen zuerkannte Geld – ihre allgemeinen Ansprüche – für sie ein knappes
Gut darstellt.
Unternehmen sind Organisationen, die konkrete Wirtschaftsgüter oder Leistungen anbieten, um dafür ihrerseits wieder Geld, d.h. allgemeine Ansprüche auf Teile des Sozialproduktes zu erhalten. Sie stehen untereinander in Wettbewerb bei Art und Umfang ihrer Leistungen sowie bei den Preisen dafür. Unternehmen erzeugen Güter um Einkommen zu erzielen (Ansprüche zu erwerben). Dazu müssen sie selbst Güter und Arbeit einsetzen, die sie nachfragen und kaufen.
Wir sprechen hier von Profit orientierten Organisationen. Deren Einkommen
muss größer sein, als ihre Aufwendungen (d.h.: Verbrauch von Ansprüchen), die für die
Erzielung von Einkommen zu tätigen sind. Nur wenn die erworbenen Ansprüche größer sind
als die für Einkäufe abgegebenen, ist ein Profit orientiertes Unternehmen erfolgreich;
sind aber die abgegebenen Ansprüche größer als die erhaltenen, so gehen dem Unternehmen
per Saldo Ansprüche verloren und der Sinn der Leistungserstellung ist für es und seine
Eigentümer entfallen: Denn niemand erbringt auf Dauer Arbeitsleistung und verzichtet dafür
auch noch zusätzlich auf Ansprüche an die Allgemeinheit! Der Sinn eines Profitunternehmens
ist der, Ansprüche zu mehren – nicht zu verlieren. Daher ist es für Unternehmen
existentiell wichtig, eine gewollte Leistung mit so wenig Aufwand wie möglich zu
erbringen, d. h. wirtschaftlich zu arbeiten.
Geld, und damit der Anspruch auf Teile des Sozialproduktes, muss für Unternehmen
grundsätzlich knapp sein, damit sie ihre Aufgabe – Güter wirtschaftlich zu erstellen
– überhaupt wahrnehmen.
Ich schreibe hier nicht über Gewinnmaximierung. Abgesehen davon, dass Gewinnmaximierung ein nicht ausreichend definiertes Ziel ist (es fehlt eine Zeitkomponente: Maximierung für die nächsten 3 Monate z.B. erfordert ganz Anderes als Maximierung über die nächsten 20 Jahre..),muss die Zielsetzung einer Unternehmung keineswegs allein auf Profit ausgerichtet sein (shareholder value), sondern kann - und sollte – andere soziale Ziele mit beinhalten ( soziale Marktwirtschaft). Aber grundsätzlich muss ein Gewinnstreben als Ziel mit vorgegeben sein, damit wirtschaftlich gearbeitet wird und damit auch die Eigentümer des Unternehmens berücksichtigt sind.
Organisationen der öffentlichen Hand – zusammengefasst unter dem Begriff
“Staat“ – nehmen Aufgaben wahr, die von (Profit-)Unternehmen nicht erbracht werden sollen
(politische Entscheidung) oder nicht erbracht werden können. Das gilt auch für gemeinnützige
(non-profit) Organisationen.
Staat hat die Lücken des Angebotes zu schließen. Er sollte dabei nicht mit anderen
Unternehmen am Markt konkurrieren; denn wo immer eine solche Konkurrenz möglich ist,
sollte der Staat abgezogen und die Aufgabe von privaten Unternehmen – dann in gegenseitiger
Konkurrenz – übernommen werden.
Staat ist nicht auf Erwerb von Ansprüchen für Leistungen oder Güter ausgerichtet, sondern
ausschließlich auf die Deckung sonst nicht zu befriedigender Bedürfnisse!
Das ist auch bei den anderen non-profit-Organisationen der Fall.
Es erscheint richtig, für die hier vorgestellten Betrachtungen die Eingruppierung der Teilnehmer am Wirtschaftsgeschehen zu klassifizieren als: Private Haushalte, Profit-Organisationen und non-profit-Organisationen (– letztere dann inklusive aller Organisationen der öffentlichen Hand - Staat). Die Non-profits haben als Ziel –im Gegensatz zu den anderen Wirtschaftseinheiten– nicht sich selbst und ihrem Bedarf zu dienen, sondern ausschließlich Anderen -auch wenn die Praxis das vielleicht nicht immer erkennen lässt...
Allerdings brauchen auch Non-profits für ihre Leistungen Ressourcen, d. h. Teile des Sozialproduktes und Arbeitskräfte. Diese realen Ressourcen entziehen sie anderen in dem sie Güter und Leistungen kaufen bzw. selbst Menschen beschäftigen. Um diesen Entzug von Ressourcen aber so klein als möglich zu halten, sind auch Non-profits gehalten, grundsätzlich wirtschaftlich zu arbeiten, d.h. für ihre politisch vorgegebenen oder gemeinnützigen Aufgaben so wenig als möglich reale Ressourcen dem Wirtschaftsnetz zu entziehen. Dies ist für sie eine wichtige Nebenbedingung. Ihre eigentliche Aufgabe aber ist “politisch“ bestimmt: Sie sollen Defizite im Angebot der Profit orientierten Organisationen ausgleichen.
Übrige Wirtschaftseinheiten und alle Mischformen können hier außer Betracht bleiben.
Es zeigt sich, dass Wirtschaftseinheiten grundsätzlich unterschiedlich sind:
- Private Haushalte sind primär konsumorientiert. Sofern dieser Konsum sich auf knappe Güter richtet, müssen ihre Ansprüche begrenzt werden. Da nämlich Private ihre Ansprüche an das Sozialprodukt dadurch erwerben, dass sie durch Leistungen zur Erstellung anderer Güter beitragen, führt nur die Begrenzung ausgegebener Ansprüche (Geld) dazu, dass Arbeit wieder und wieder angeboten wird.
- Unternehmen, Profit orientierte, haben als Aufgabe, Ansprüche zu mehren, also Geld zu erwerben. Dazu müssen sie Leistungen erstellen und vermarkten. Dies muss so ressourcensparend wie möglich geschehen, da sonst zu wenig zusätzliche Ansprüche beim Unternehmen hängen bleiben.
- Staat und andere gemeinnützige Organisationen, sind politisch gesteuert und auf
das Gemeinwohl ausgerichtet. Sie decken die anderweitig sonst nicht zu befriedigenden
Bedürfnisse.
Grundsätzlich haben sie nicht das Ziel, möglichst viele Ansprüche auf das Volksvermögen
zu erwerben. Sie stehen in ihrer Zielsetzung daher nicht in Konkurrenz zu den anderen
Wirtschaftsteilnehmern; wohl arbeiten sie aber unter der wesentlichen Bedingung, den
Übrigen nicht mehr Ressourcen wegzunehmen als unbedingt erforderlich.
Alle Wirtschaftseinheiten konkurrieren untereinander um die Verfügung über Ressourcen. Private Haushalte und profitorientierte Organisationen stehen untereinander im Wettbewerb um den Erwerb möglichst vieler Ansprüche auf das Sozialprodukt. Non-profit-Organisationen konkurrieren nicht mit den Anderen um den Erwerb von Ansprüchen; wohl aber konkurrieren sie mit allen Anderen um knappe Ressourcen.
1.2 FazitWas haben wir nun bisher gesehen? Wozu dieser trockene Ausflug in altbekannte Definitionswüsten? Nun, es galt, am Anfang einige Selbstverständlichkeiten wieder ins Gedächtnis rückzurufen. Das waren:
Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft betrachten wirtschaftliches Geschehen
von verschiedenen Standpunkten aus:
- Betriebswirtschaft betrachtet den Knoten im Wirtschaftsnetz und endet diese
Betrachtung dort, wo die unmittelbaren Wechselwirkungen für den betrachteten Knoten sehr
schwach werden.
- Volkswirtschaft untersucht das Netz insgesamt und interessiert sich für die
Knoten nur als Bausteine des Netzes.
Die volkswirtschaftliche Betrachtung muss das gesamte Netz im Blick behalten. Sie darf nicht an einem Punkt halt machen. Und da das Wirtschaftsnetz in sich geschlossen ist, läuft die volkswirtschaftliche Betrachtung immer wieder in sich zurück. Volkswirtschaft denkt somit immer in Kreisläufen!
Wirtschaftssubjekte haben je nach ihrer Art unterschiedliche Ziele:
- Private Haushalte wollen Bedürfnisse decken; sie versuchen dafür allgemeine
Ansprüche (Geld) an das Volksvermögen zu erhalten.
- Profit-orientierte Unternehmen wollen solche Ansprüche mehren. Beide Gruppen
arbeiten und wirtschaften für ihren eigenen Nutzen.
Staat und andere nicht profitorientierte Organisationen haben grundsätzlich keinen Eigennutz als Ziel (kein Erwerb von Ansprüchen, sprich Geld, als Ziel an sich). Sie stehen daher beim Erwerb von Ansprüchen nicht im Wettbewerb mit den anderen; wohl aber konkurrieren sie bei der Beanspruchung knapper Ressourcen mit allen übrigen Wirtschaftseinheiten.
Diese grundlegend andere Zielsetzung von Staat und nicht-profit-orientierten Organisationen führt auch zu grundsätzlich anderer Beurteilung ihrer Stellung im Wirtschaftsnetz.
2 GeldVon “allgemeinen Ansprüchen“ = Geld war bereits die Rede. Auch hier ist Einiges ins Bewusstsein rückzurufen.
2.1 Geld ist ein Organisationsmittelim Wirtschaftsprozess. Es repräsentiert allgemeine Ansprüche auf Teile des Volksvermögens bzw. des Sozialproduktes; nur “allgemein“ sind diese Ansprüche deshalb, weil der konkrete Bedarf, das konkrete Gut, das beansprucht werden wird, noch nicht benannt ist. Erst wenn ein konkreter Bedarf benannt ist, (“so viel von jenem Gut!") entsteht Nachfrage. Geld ist nicht das Selbe wie Nachfrage.
Durch die Einführung von Geld ist die frühere konkrete Tauschwirtschaft in eine abstrakte verwandelt worden: Geld archiviert den Gegenwert einer Leistung als einen allgemeinen Anspruch. Dadurch wird der Vorgang ´Leistung` vom Vorgang ´Gegenleistung` sachlich und zeitlich völlig entkoppelt. Das geht soweit, dass die eigenen Leistung u.U. auch erst nach der schon erhaltenen Gegenleistung erbracht werden kann. Auch können Leistung und Gegenleistung real das Gleiche beinhalten, aber eben zeitlich auseinander fallen. Jedes handelbare Gut bekommt in Geld seinen Preis. Damit wird festgelegt, wie viele Anspruchseinheiten für seinen Erwerb oder seine Nutzung herzugeben sind, d.h. Wie viele Ansprüche der Verkäufer seinerseits dafür erwirbt und auf wie viele Ansprüche andererseits der Käufer verzichtet. Da die Menge des Geldes bei jedem einzelnen Wirtschaftssubjekt (mehr oder weniger) begrenzt ist, werden auch zwangsläufig deren Ansprüche begrenzt (nicht ihre Wünsche und Bedürfnisse!). Wie groß der Anspruchsteil einer Wirtschafts- einheit ist, hängt bei gegebenen Preisen also davon ab, über wie viel Geld sie verfügt.
2.1.1 Geld als Schattenbild der Wirtschaft
Wirtschaftliches Geschehen wird in einer Marktwirtschaft in Geldwerten dargestellt.
Ein handelbares Gut wirft sozusagen einen Preisschatten, der seinen Anspruchswert
widerspiegeln soll. Sein Kostenwert zeigt die Summe des Ressourcenverbrauchs bei seiner
Erstellung.
Beim Verbrauch des Gutes verschwindet der Preisschatten wieder. Solche Darstellung der
Wirtschaft als Geldwerte bzw. Geldströme erinnert an Platons Höhlenbild: Die
wirtschaftliche Wirklichkeit - konkrete Güter, Leistungen, Anstrengungen und Ansprüche-
wird in Geldwerten als Schattenbild wiedergegeben. Hinter dem Schattenbild aber stehen
die bunten Realitäten der Wirtschaft - Güter und Ressourcen, Leistungen und deren
Bewegungen, ihr Entstehen und ihr Verschwinden (Verbrauch). Aber wie bei jedem Schatten
ist immer sorgfältig zu prüfen, ob das Schattenbild (Geld) die Realität korrekt
widerspiegelt: Es ist eben nur ein Abbild und nicht die unmittelbare Wirklichkeit.
Deshalb muss die Volkswirtschaft immer durch den (Geld-)Schatten hindurch die realen
Vorgänge sichtbar halten.
Oft wird aber das Schattenbild selbst schon als Realität genommen; dabei wird Geld
als das eigentliche Ziel des Wirtschaftens angesehen. Geld wird als Wirtschaftsgut
an sich angesehen, entsprechend beurteilt und behandelt.
Eine typische und wohlvertraute Darstellung eines solchen Schattenbildes in der Wirtschaft ist die betriebswirtschaftliche Bilanz. Dort werden alle Güter und Ansprüche eines Wirtschaftssubjektes in Geld bewertet und seinen Schulden gegenübergestellt, d.h. den Ansprüchen entgegengestellt, die andere an die Wirtschaftseinheit haben. Es wird die wirtschaftliche Situation eines “Knotens“ im gesamtwirtschaftlichen Netz als Schattenbild gezeichnet: Wie viel mehr Vermögen (reale Substanz und Ansprüche) hat diese Einheit als ihre Verbindlichkeiten (Schulden) gegenüber Dritten betragen?
Die Gewinn- und Verlustrechnung fragt dabei: wurden mehr Ansprüche bzw. reales Vermögen erarbeitet oder mehr verbraucht? Lohnte die Wirtschaftstätigkeit sich also für ihre Betreiber oder nicht? All dies sind betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte. Die Betrachtung ist der Zielsetzung einer profitorientierten Organisation entsprechend und korrekt. Aber sie endet auch dort!
Die volkswirtschaftliche Netzbetrachtung dagegen verfolgt die Fäden im Netz nun weiter: Dabei hat jeder Bilanzfaden ein rotes und ein schwarzes Ende. Was bei unserer bilanzierenden Einheit rot (als Schuld) abgeht, kann nur schwarz (als Anspruch) bei irgend einer anderen ankommen; was bei dem Einen Schulden sind, muss bei einem Anderen ´Ansprüche` heißen; der Eine hält den Anderen und der Andere hängt an ihm. Dies ist die Verknüpfungslogik, die daraus resultiert, dass alle sich in einem geschlossenen System befinden.
Betriebswirtschaft fragt bei Unternehmen, die gemäß ihrer Zielsetzung, Ansprüche vermehren sollen: Sind per Saldo deren eigene Ansprüche und das Realvermögen größer oder kleiner als diejenigen von Dritten gegen das Unternehmen? Ist der Saldo von (positiven) Ansprüchen minus den (negativen) Schulden gewachsen oder geschrumpft? Antwort auf diese Fragen gibt die Bilanz bzw. die Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens.
Betriebswirtschaftlich ist die Frage des Anspruchsaldos entscheidend für alle Unternehmen, die angetreten sind, Ansprüche zu erwerben (d.h. Gewinn zu erzielen).
Nun gibt es aber, wie gezeigt, unterschiedliche Kategorien von Wirtschaftseinheiten: solche, die schon bei ihrem Ziel, Ansprüche zu mehren, in Wettbewerb miteinander stehen und solche, die nur um Ressourcen konkurrieren. Wenn die Eine nicht die Zielsetzung hat, Ansprüche auf das Sozialprodukt zu erwerben, läuft sie dort sozusagen “außer Konkurrenz“. Weil solche Einheiten (hier Non-Profit-Organisation inclusive Staat genannt) nicht das Ziel haben, Ansprüche zu erwerben, ist es natürlich nur bedingt sinnvoll, für diese eine Bilanz zu erstellen; sie soll ja eigentlich eben dazu dienen, die Ansprüche einer Einheit ihren Schulden gegenüber zu stellen. Wo aber keine Ansprüche gefragt sind, brauchen sie auch nicht den Schulden gegenübergestellt zu werden. “Staat“ und ´Non-profits` haben eben nur die Aufgabe, anderweitig nicht befriedigte Bedürfnisse zu bedienen - und nicht Ansprüche zu erwerben. Lässt man aber die Ansprüche und das Vermögen solcher Organisationen außer Betracht, so ist auch keine sinnvolle betriebswirtschaftliche Bilanz erstellbar - und auch nicht nötig.
Eine Betrachtung des Staates unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten einer profit-orientierten Wirtschaftseinheit verbietet sich daher, weil “Staat“ eben von seiner Aufgabenstellung her nur ein einseitig ausgerichtetes Wirtschaftsgebilde darstellt ohne Profitorientierung!
Einschub:
Wem diese Abkehr von der Betrienswirtschaft bei Betrachtung des Staates nun aber zu
plötzlich oder zu radikal erscheint, dem sei zwischenzeitlich hilfsweise eine eigentlich
unzulässige betriebswirtschaftliche Überlegung angeboten:
Wenn man “Staat“ und seine Einheiten bilanzieren will, dann hätte das natürlich auch
so zu geschehen, wie das die Betriebswirtschaft kennt! Man kann dann nämlich nicht
nur die Schulden aufzählen -normalerweise “Verbindlichkeiten“ genannt-, sondern man
muss auch das Vermögen dagegenstellen. Letzteres wird nun aber in allen unseren
politischen Argumentationen unterschlagen (weshalb wohl nur?). Das Vermögen des
Staates ist und wird nicht erfasst; nur seine Verbindlichkeiten (Schulden) werden
gelistet. Staatliche Institutionen werden dann als überschuldet bezeichnet,
- was sollten sie auch sonst sein, wenn keinerlei Vermögen aufgeführt wird? Würde man
aber auch das staatliche Vermögen ausweisen (und damit eine echte betriebswirtschaftliche
Bilanz erstellen), so würde auch betriebswirtschaftlich wohl kaum eine Überschuldung
vorliegen: Denn das öffentliche Vermögen übersteigt wahrscheinlich die öffentlichen
Schulden bei weitem! Man stelle sich nur einmal die Werte der öffentlichen Infrastruktur
vor: Straßen, Brücken, Ver- und Entsorgungsleitungen und -einrichtungen, Universitäten,
Schulen, Verkehrsbetriebe, Schwimmbäder, Parks und Parkplätze, Flussregulierungen, Dämme,
öffentliche Gebäude, Wälder, ... Auch bei vorsichtigem Ansatz würden wohl Werte
zusammenkommen, die alle öffentlichen Schulden zu Peanuts degradieren könnten.
Im Juni 2008 war den Zeitungen zu entnehmen, die Stadt Frankfurt (Main) habe Schulden von rd. 1,2 Milliarden €. Das wäre die Passivseite einer Bilanz. Dort wurden in den letzten Jahren aber auch alle Vermögensgegenstände nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen aufgenommen und bewertet. Dieses Vermögen betrug 18 Milliarden € !! Kann man da von einer verschuldeten oder gar überschuldeten Wirtschaftseinheit sprechen ?
Ja aber, erhebt sich die Gegenargumentation: Dies alles zahlt sich nicht aus, es
kann nicht versilbert werden, bringt keine Gewinne. Zunächst: Kann dieses Vermögen
nicht versilbert werden?
Ja und nein! Jedes einzelne Gut könnte wohl veräußert werden. Weshalb sollten Straßen,
Klärwerke, Universitäten, Krankenhäuser und... grundsätzlich nicht veräußert werden
können? Als betriebswirtschaftliche Argumentation zieht die angebliche Unverkäuflichkeit
überhaupt nicht.
Als Argument über die gesamte Volkswirtschaft aber stimmt es natürlich wieder. Dies
gilt dann jedoch in gleichem Maße auch für alle anderen (privatwirtschaftlichen)
Güter: Auch alle Unternehmen, Fabriken, Vorräte können nicht zusammen und gleichzeitig
verkauft werden. Wo sollten sie denn hingehen?
Trotzdem bilanziert die Betriebswirtschaft aber deren Wert als individuelle Güter
-und nur als solche sind sie dort von Interesse. (Es zeigt sich auch hier wieder
deutlich der Unterschied zwischen betriebs- und volkswirtschaftlicher Betrachtungsweise).
Es wäre also auch bei non-profit-Einheiten wie staatlichen Organisationen möglich, betriebswirtschaftlich zu bilanzieren, selbst wenn alle ihre Güter (wie alle anderen Güter und Unternehmen zusammen auch) nicht insgesamt auf einmal verkauft werden können.
Auf der Aktivseite einer solchen “Öffentlichen Bilanz“ würden dann all die Werte stehen, die in irgendeiner Weise als Infrastruktur jetzt und in Zukunft verfügbar sind. Und zahlen sich die wirklich nicht aus? Bringen diese Vermögenswerte keinen ´Gewinn` ?
Diese Vermögensgegenstände dienen doch samt und sonders der heutigen und der nachwachsenden Generation dazu, effektiv arbeiten und komfortabel leben zu können. Wäre diese umfassende Infrastruktur nicht vorhanden, so würde unser Land wie ein Entwicklungsland aussehen. Wenn man ermessen will, was dann fehlen würde, sollte man den direkten Vergleich Deutschlands mit solchen Ländern nicht scheuen...
Würde unsere öffentliche Infrastruktur nicht existieren, so wären wir d.h. die kommenden Generationen gezwungen, sie aufzubauen. Wahrhaft eine riesige Anstrengung für etliche Generationen läge dann vor uns. Anschaulich haben wir dieses Problem in der ehemaligen DDR nach der Wende sehen und beackern können - und werden noch mindestens ein Jahrzehnt daran zu knabbern haben. Dabei war dieses Gebiet schon relativ weit entwickelt - nur eben mit einem Rückstand von vielleicht 30 oder 40 Jahren.
Wenn nun diese Vermögensteile heute noch und in Zukunft genutzt werden, wieso sollte es dann eigentlich unbillig sein, dass solche infrastrukturellen Vorleistungen – die Aktiva des Staates – auch mit den entsprechenden Schulden an nachfolgende Generationen übergeben werden? Zumindest betriebswirtschaftlich ist dagegen doch gar nichts einzuwenden! Insofern ist das Jammern über den sogenannten “Schuldenberg“, den wir unseren Kindern hinterlassen würden, an den Haaren herbeigezogen - auch betriebswirtschaftlich!
Endgültig absurd aber wird die Behauptung vom überschuldeten Erbfall in einer volkswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung: Denn die Schulden, die irgendeine Wirtschaftseinheit hat, sind natürlich gleichzeitig Forderungen, d.h. Ansprüche anderer Einheiten in dem geschlossenen Netz einer Volks- und erst recht in dem der Weltwirtschaft. Forderungen und Verbindlichkeiten (Ansprüche und Schulden) müssen sich zwangsläufig im geschlossenen Netz der Wirtschaftsbeziehungen ausgleichen. Eine Volkswirtschaft kann in sich nicht überschuldet sein!
Im Wirtschaftsnetz sind Schulden und Ansprüche (Verbindlichkeiten und Forderungen) nur die zwei Enden des selben Strickes; sie gleichen sich gegenseitig aus. Daher sind die populistischen Krokodilstränen, die da lauten -“Schulden belasten die junge Generation und verbauen deren Zukunft“- volkswirtschaftlich völlig absurd. Allen Schulden, auch denen der öffentlichen Hand, stehen Gläubiger gegenüber. D.h. wenn Staatsschulden rückgezahlt werden, dann erhalten gerade die heute Jungen, die diese Ansprüche geerbt haben, dieses Geld! Sie verfügen dann über diese Ansprüche. Das Selbe gilt natürlich auch für die zwischenzeitlich gezahlten Zinsen: Was der Staat zahlt, erhalten andere als Einkommen.
Wieder geht es klassisch um den Fall einer Verwechslung von Betriebswirtschaft mit Volkswirtschaft: Für ein einzelnes Unternehmen oder einen Haushalt ist die betriebswirtschaftliche Behauptung von der zukünftigen Belastung durch heutige Schulden natürlich richtig, weil jede einzelne Witschaftseinheit sich selbst isoliert betrachtet; der Zufluss bei einem Anderen interessiert bei dieser betriebswirtschaftlichen Überlegung nicht - bzw nur den, der Zufluss erhält; der Abfluss bzw Zufluss ist für den Einzelnen einziger aber entscheidender Punkt! Der Ausgleich durch die Gegenbuchung beim Anderen ist nur für die Volkswirtschaft als Ganzes von Interesse. Statt der geheuchelten Klage über die Belastung der Jungen wäre es besser zu behaupten: “Staatsschulden heute machen später die Jungen reich“! Denn später wird Geld (Ansprüche), das möglicherweise von den Wirtschaftssubjekten gerade eingesammelt wurde, an andere des selben Wirtschaftsnetzes rückverteilt: Zwei Vorgänge, die sich gegenseitig in der Gesamtwirtschaft neutralisieren. Allerdings können der Volkswirtschaft dann später reale Infrastrukturgüter zur Verfügung stehen, die seinerzeit mit der Kreditaufnahme finanziert worden sind.
Der mögliche Fall der Überschuldung einer ganzen Volkswirtschaft nach außen, gegenüber Fremden also, ist allerdings für viele Länder ein Problem. Hier kann im Großen betriebswirtschaftlich zwischen den einzelnen Volkswirtschaften gedacht werden, von denen jede Einzelne über einen (externen) Schuldenberg oder ein Gebirge von Ansprüchen verfügen kann. Weltwirtschaftlich gehen natürlich alle Schulden und Ansprüche auch wieder auf Null auf. Es ist offen-sichtlich, dass die Welt insgesamt nicht überschuldet sein kann. In der augenblicklichen Diskussion in Deutschland geht es aber ausschließlich um Staatsschulden im Inneren, weil eine Verschuldung nach außen seit 60 Jahren bei uns gar nicht in Rede steht.
Eine Bilanzierung bei öffentlichen Einrichtungen –Staat- ist wider-sinnig, weil Staat
nicht auf Erwerb von Ansprüchen oder Vermögen ausgerichtet sein soll. Wo aber Zuwachs
von Ansprüchen und Vermögens-gegenständen nicht Ziel des Wirtschaftens ist, bleibt
deren vergleichende Gegenüberstellung unnötig und verstellt nur den Blick auf Wesentliches.
Wenn aber dennoch bilanziert werden soll, dann sind nach vernünftiger
betriebswirtschaftlichen Regel den Schulden auch die Vermögenswerte gegenüber
zustellen, weil sonst gar keine Aussage gemacht werden kann. Betrachtet man jedoch
- wie bisher beim Staat geschehen - nur die Schulden und lässt einfach alles Vermögen
außer Ansatz, so handelt es sich nicht um eine Bilanz, sondern um eine
schiefe Ebene, die nur dazu dienen kann, alle volkswirtschaftlichen Betrachtungen
wegrutschen zu lassen! Eine solche Betrachtung ist sowohl für Volks- als auch für
Betriebswirtschaft absurd!
An diesem Punkte muss nun aber ein mögliches Verteilungsprobleme angesprochen werden:
Geklärt ist, dass Staat nicht mit dem betriebswirtschaftlichen Begriff der
Verbindlichkeiten (interessanterweise in diesem Zusammenhang stets als “Schulden“
bezeichnet...) zu beurteilen ist, weil er weder tatsächlich (betriebswirtschaftlich)
überschuldet ist noch weil dies überhaupt ein Kriterium für seine Rolle und
Aufgabe sein kann.
Es findet aber evtl. eine Umverteilung, oder besser eine Rückverteilung innerhalb
der Volkswirtschaft statt, die soziale Probleme bergen kann. Denn “Staat“ hat heute
zwar Schulden bei irgendwelchen Einheiten der selben Volkswirtschaft; weil aber jeder
Schuld ein gleich großer Anspruch (am anderen Ende des Strickes) entspricht, gibt es
Wirtschaftssubjekte, die auch Gläubiger der öffentlichen Hand sind. Und hier liegt
ein Problem: Diese Gläubiger dürfen wie alle Gläubiger Zinsen und Rückzahlung verlangen.
Da aber beileibe nicht jeder Haushalt bzw. jedes Unternehmen in gleichem Umfang
Gläubiger ist, kann das dazu führen, dass die Einen (Gläubiger) Geld vom Staat
bekommen, welches anderen dafür entzogen wird. Dadurch verschieben sich die
Anspruchskontingente heute -beim Verzicht auf Ansprüche- in die Zukunft (bei
Rückübertragung von Ansprüchen). Dieser Effekt einer Umverteilung kann durchaus
problematisch werden. Das Problem wird später noch einmal aufgenommen werden.
Neben der unsinnigen politisch - nicht wirtschaftlich- motivierten “Argumentation“ über die sog. Staatsverschuldung läuft eine abermals betriebswirtschaftlich geprägte Diskussion über die Geldmenge. Auch hier klingen die Feststellungen deshalb einleuchtend, weil in betriebswirtschaftlichen Kategorien argumentiert wird, die uns ja vertraut sind; gleichwohl sind die Argumente volkswirtschaftlich abwegig.
Die angesprochene Behauptung besagt, dass die Geldmenge in einer Volkswirtschaft kontrolliert und begrenzt werden muss, um die Preisstabilität zu gewährleisten. Diese Überlegung geht davon aus, dass mit einer Erhöhung der Geldmenge eine generelle Erhöhung der Preise ausgelöst werde. An dieser Behauptung ist etwas richtig aber das Wesentliche eben falsch.
Dem Argument - die Menge des Geldes entscheide über das Preisniveau - liegt
offensichtlich die betriebswirtschaftliche Erfahrung zu Grunde, dass eine steigende
Nachfrage bei gegebener Gütermenge zu steigenden Preisen führe. Das ist im Prinzip ja
auch richtig.
Diese Argumentation geht aber - wenn sie volkswirtschaftlich angewendet wird -
fälschlicherweise zum Einen davon aus, dass Geld = Nachfrage sei. Dies wird zwar
die (betriebswirtschaftliche) Erfahrung in vielen Haushalten sein: Wenn mehr Geld
– aus welchen Quellen auch immer - zur Verfügung steht, wird auch mehr ausgegeben,
es wird Nachfrage entfaltet. Soweit die betriebswirtschaftliche Erfahrung: Bei
finanziell schlecht stehenden Haushalten, sowie Non-profit-organisations einschließlich
Staat ist das eben auch meistens der Fall.
Diese Beobachtung trifft aber nicht für alle Wirtschaftseinheiten zu: Gut
situierte Haushalte (private, öffentliche, ebenso wie Non-profit-organisations)
müssen zusätzliches Geld zumindest teilweise nicht ausgeben, sondern werden auch
sparen. Unternehmen werden in jedem Fall kalkulieren, ob der Einsatz von zusätzlichem
Geld - egal woher es stammt - nützlich ist, d.h. ob das mehr Gewinn, Marktanteile,
Entwicklungsvorsprung oder irgendeinen anderen Vorteil bringt oder nicht. Bringt der
Einsatz einer zusätzlichen Investition aber nicht genug, so wird das Geld eben nicht
ausgegeben; dann wird nicht zusätzlich nachgefragt sondern gespart.
Das bedeutet: zusätzlich verfügbares Geld kann, muss aber nicht zu zusätzlicher
Nachfrage führen.
Zum Anderen ist aber auch die Unterstellung eines konstanten oder nicht ausreichend
wachsenden Güterangebots bei tatsächlich zusätzlich ausgeübter Nachfrage zu
hinterfragen; denn so lange Lagerbestände vorhanden oder Produktionskapazitäten frei
oder aber entsprechende Ressourcen verfügbar sind für zusätzliche Produktion, so
lange kann das Güterangebot vermehrt werden; mehr Nachfrage könnte dann befriedigt
werden und die Preise müssten nicht steigen. Nur in dem Fall, da keine Lagerbestände
oder Produktionsmittel und Personal- oder Sachressourcen zur Verfügung stünden,
könnte eine Zusatz-nachfrage nicht bedient werden, sondern würde durch Preiserhöhungen
abgeblockt.
Eine Erhöhung der Geldmenge in einer Volkswirtschaft löst nur dann inflationäre Tendenzen aus, wenn dieses Zusatzgeld auch wirklich Nachfrage mobilisiert und wenn nicht ausreichend Ressourcen für eine Erhöhung der Angebotsmenge verfügbar sind. In schwacher Konjunktur-lage trifft beides oft nicht zu. Zum Einen wird nur in einem Teil der Fälle zusätzlicher Konsum ausgelöst; Investitionsnachfrage aber wird eben wegen schlechter Aussichten auch durch zusätzliches Geld kaum angeregt.
Zum Anderen wird bei schwacher Konjunktur mit Leichtigkeit das Angebot einer erhöhten Nachfrage folgen können und somit ggf. sogar preissenkende Effekte ermöglichen.
Fazit: Geldmenge ist nicht gleich Nachfrage und selbst wenn die Nachfrage steigt, bedeutet das noch lange nicht, dass auch die Preise steigen werden.
Woher kommt nun aber die Mär von der Inflation, die durch Vermehrung der Geldmenge ausgelöst werde? Drei Gründe scheint es dafür zu geben:Der erste stammt aus einer historischen Erfahrung: Vor allem inZeiten der Kriege haben Regierungen enorme Nachfrageerhöhungen eben für Rüstungsgüter und den Unterhalt ihrer Heere wirksam werden lassen. Sie haben dabei die Nachfrage drastisch und über lange Zeit so weit erhöht, dass alle anfangs noch freien Kapazitäten und Ressourcen ausgeschöpft und danach nicht mehr ausgereicht haben. Das Angebot – zusätzlich beschnitten durch den Abzug der Ressource “Arbeitskraft“ für das Heer - konnte der (Kriegs-)Nachfrage nicht mehr folgen. Es mussten auch unzureichend geeignete Ressourcen genutzt werden und schließlich blieb zur Deckung der Kriegsnachfrage nichts anderes mehr übrig, als Ressourcen der privaten Nachfrage zu entziehen. Das geschah nun dadurch, dass die Preise für privat nachgefragte Güter stiegen bzw. erhöht wurden damit weniger verbraucht werde. (Als auch das nicht mehr ausreichte, weil immer noch mehr Ressourcen durch private Nachfrage gebunden waren als bei der horrenden Kriegsnachfrage zur Verfügung gestellt werden sollten, wurde der Konsum rationiert, Lebensmittelmarken, Bezugsscheine u.a.).
Um die kriegsbedingte Zusatz-Nachfrage ausüben zu können, musste aber natürlich auch Geld zur Verfügung stehen; das wurde dann in der benötigten Menge gedruckt. Aber nicht die erhöhte Geldmenge hat das Unheil Inflation ausgelöst, sondern die überbordende Nachfrage, die alle Ressourcen und Möglichkeiten überschritt! Das zusätzliche Geld war nicht der Grund für die Inflation, sondern es war nur die finanztechnische Begleiterscheinung der eigentlichen Ursache, nämlich der uferlosen Nachfrage! In den Köpfen hat sich aber die Beobachtungskette festgesetzt: Erhöhung der Geldmenge = Inflation ! Statt die reale Diskrepanz zwischen verfügbaren und benötigten Ressourcen zu sehen (deren Nachfrage den Einsatz von Geld zwar nötig machte), wurde die Geldmenge selbst als Grund der Inflation angesehen. Aber auch wenn die Geldmenge in diesen Situationen nicht erhöht worden wäre, hätten Preiserhöhungen stattfinden müssen, um den Verbrauch der Bürger rückzudrängen. Es hätten dann z. B. Höhere Preise staatlich festgesetzt werden oder aber die Kaufkraft der Privaten mittels höherer Steuern abgeschöpft werden müssen. Dies ist ein eklatantes Beispiel dafür, wie die Schattenwelten des Geldes irrtümlich als Wirklichkeiten genommen und die realen Kräfte volkswirtschaftlicher Erscheinungen nicht beachtet werden.
Der 2. Grund für die Mär von der durch Erhöhung der Geldmenge verursachten Inflation stammt nun wohl wieder aus der Betriebs-wirtschaft: Habe ich nämlich auf einem geschlossenen Markt eine gegebene Menge von Gütern, dann, so sagt sich der Betriebswirt, erhöht sich der Preis für diese Güter bei steigender Nachfrage. Die Preise der Güter würden sich der Menge der Nachfrage anpassen bis das (monetäre) Güterangebot der (monetären) Nachfrage entspricht. Diese betriebswirtschaftliche Überlegung wird nun unzulässigerweise wieder für eine volkswirtschaftliche Argumentation übernommen, etwa so: steigt die Geldmenge in der Gesamtwirtschaft, so werden die Preise nach oben angepasst. (Zunächst wird dabei also unterstellt, dass Nachfrage = Geldmenge wäre; auf diesen grundlegenden Irrtum wurde bereits hingewiesen.)
Gedacht wird dabei aber wohl auch an eine Gegenüberstellung aller (gegebenen) Güter in der Volkswirtschaft zur vorhandenen Geldmenge. Das Ganze könnte man sich als eine Art volkswirtschaftlicher Bilanz vorstellen, bei der sich als Vermögen (Aktiva) die Summe aller Güter einerseits und als Passivposten andrerseits die Summe des Geldes gegenüberstünden (als Ansprüche auf das Vermögen). Die dabei offenbar eingeflossene Überlegung, dass jedes verfügbare Gut einen Eigentümer hat, dem dieses Gut gehört, ist ja richtig. Aber die Bilanzautomatik -Summe des vorhandenen Geldes = Summe des Wertes aller Güter– gibt es nicht. Warum sollte jedem Gut auch eine Geldmenge gegenüberstehen?
Der Eigentümer jeden Gutes hat konkreten Anspruch auf die Verfügung über das Gut. Wieso sollte es dafür noch den abstrakten Anspruch “Geld“ brauchen? Wer sollte diesen Anspruch haben, und gegen wen könnte er sich richten? Es ist offensichtlich, dass dieser allgemeine Anspruch ins allgemeine Nichts geht, weil alle Güter ja bereits zugeteilt sind! Es gibt keinen Grund für eine statische Betrachtung dergestalt, dass die Menge aller vorhandenen Güter durch eine gleiche ´Menge` Geld widergespiegelt würde. Wenn eine solche Denkweise - Geld als Gegenposten zu Gütern -Platz haben sollte, dann könnte dies nur für die Güter zutreffen, die den rechtmäßigen Eignern (noch) nicht zuerkannt, d.h. anderen zugeeignet sind. Solche real vorhandenen und verfügbaren Güter gibt es aber nicht!
Und zum 3.: Schließlich ist Geld kein (statisches) Gut, sondern eine Abwicklungshilfe für wirtschaftliche Transaktionen. Geld ist ein Organisationsmittel um allgemeine Ansprüche zu dokumentieren, die aus einer schon erbrachten oder noch zu erbringenden Leistung stammen. Diese allgemeinen Ansprüche können zu Nachfrage nach Gütern werden, welche - wie alle Güter - bereits irgend jemandem gehören; Geld selbst wird auch im Falle, dass es zur Nachfrage eingesetzt wird, nie zu einem konkreten Anspruch: Dadurch, dass jemand Geld anbietet für ein bestimmtes Gut, erhält er noch keinen Anspruch auf dieses; er bietet lediglich seinen abstrakten Anspruch im Tausch gegen ein konkretes Gut. Geld stellt nichts als allgemeinen Anspruch dar, der bei Nachfrage konkret erfüllt werden kann - oder konkret eben nicht. Geld hängt an keinem Gut, ist zeitlich und sachlich von der Gegenleistung entkoppelt, kann übertragen und aufbewahrt werden - gleichgültig wie verderblich die ursprüngliche Leistung war, ob sie bereits verbraucht wurde oder ob sie gar nur für die Zukunft zugesagt ist. Geld hat offensichtlich überhaupt nichts mit bestehenden Gütern zu tun. Geld ist ein Organisationsmittel um Güter- und Leistungsaustausch abwickeln zu können.
Die Menge des Geldes hängt daher auch überhaupt nicht von irgendwelchen real bestehenden Waren oder Mengen ab, sondern allein davon, wie viele Einheiten dieses Organisationsmittels benötigt werden, um den Waren- und Güteraustausch abwickeln zu können - und von sonst gar nichts. Daher ist auch kein Wirtschaftswissenschaftler, Banker oder gar Politiker in der Lage sachlich herzuleiten oder rechnerisch festzustellen, wie viel Geld eigentlich vorhanden sein sollte. Nur aus der gesamtwirtschaftlichen Praxis ist zu ersehen, ob die Organisation des Handels reibungslos läuft, oder nicht; entsprechend ist die Geldmenge anzupassen.
Wenn aber Geld nun nicht irgendwelchen Werten, Gütern oder Leistungen entspricht,
was ist es dann eigentlich wirklich wert?
Es wurde in der Vergangenheit immer wieder der Versuch unternommen, die Geldmenge
mit irgendetwas zu unterlegen und rechnerisch herzuleiten um Zutrauen zu schaffen
durch einen Realwert. Deutlich zu erinnern ist der Goldstandard, bei dem die
Geldmenge (vollständig oder etwa auch nur zu einem gewissen Teil - zu welchem nur?)
durch Gold “gedeckt“ sein sollte. Warum dies gut oder notwendig sei, blieb letztlich
unklar; es hätte auch jedes andere Gut sein können, das als Maßstab für die
Geldmenge herhielt.
Nach der Weltwirtschaftskrise, durch die das Vertrauen in Geldwerte nachhaltig zerstört worden war, kam die deutsche Regierung auf die zündende Idee, dass ihre neue “Rentenmark“ gedeckt sei durch den deutschen Grund und Boden (hätte auch deutsches Blut sein können, wenn man der damaligen Ideologie folgt); dies war eine Worthülse, ein Taschenspielertrick: Nichts hatte sich geändert an Eigentumsverhältnissen, Verfügungsgewalt, Mengen, realen Werten oder Veräußerbarkeit an Dritte. Aber ein vorstellbarer Mechanismus für den Geldwert, seine “Deckung“ war geboren - und tat seine Wirkung! Man vertraute dieser ´Deckung`!
Denn das Organisationsmittel “Geld“ bedurfte und bedarf tatsächlich unbedingt des Vertrauens derer, die mit ihm arbeiten! Wenn dieses Vertrauen nicht mehr besteht, dass nämlich jeder abstrakte Anspruch auch real und fair eingelöst werden kann, d.h. mit einer als gerecht empfundenen Gegenleistung bedient wird, bricht die Geldwirtschaft zusammen.
Und genau das ist oft genug geschehen. Daher sind die Bemühungen zu verstehen, durch einen imaginären “Gegenwert“, der im Hintergrund als Garant für den Geldwert bereitstehe, Vertrauen in das Geld zu schaffen; aber in Wirklichkeit ist all dieses Bemühen nur ein -wenn auch ehrenwerter- Trick, um den Glauben an den Wert des Geldes zu stützen.
Geld an sich ist kein reales Gut, noch ist es der Gegenwert der realen Güter. Geld ist ein von allen realen Dingen unabhängiges Organisationsmittel. Als Organisationsmittel wird mit ihm aber gehandelt; in dieser Funktion tritt es wie ein Gut auf.
Geld wird nicht von Gütern “gedeckt“. Seine “Deckung“ ist allein das Vertrauen der Nutzer dieses Organisationsmittels.
Wie groß die Geldmenge sein soll, die einer Wirtschaft zur Verfügung steht, ist
nicht rechnerisch zu ermitteln; sie kann nur empirisch festgelegt werden. Lakonisch
muss man feststellen: Das Organisations- mittel “Geld“ muss in der Menge zur
Verfügung stehen, wie es gebraucht wird - wie eben jedes andere Organisationsmittel
( z.B. Leitz-Ordner) auch.
In einer Wirtschaft ist zu wenig Geld verfügbar, wenn der Handel beeinträchtigt wird,
weil die Abläufe mangels Geldes holperig werden oder sogar unterbleiben. Markt, d. h.
Güter- und Leistungsaustausch kann dann nicht hinreichend organisiert werden.
Funktioniert aber der Gütertausch nicht, so wird auch die Nachfrage nicht reibungslos
befriedigt; entsprechend findet auch die Produktion nur unzureichend statt. Nicht
ausreichend befriedigte Nachfrage aber und unzureichende Produktion können inflationäre
Tendenzen nach sich ziehen - und dies eben nicht weil zu viel Geld umliefe, sondern
weil zu wenig Geld da ist!
Allerdings kann sich die Wirtschaft hier weitgehend selbst helfen: neben den Banken, die selbst durch Kredite Geldguthaben auf ihren Konten (resp. denen ihrer Kunden) schaffen, haben die Unternehmen auch selbst durch gegenseitige Kreditierung (Wechsel z. B.) die Möglichkeiten, für “Geld“ in solchen Situationen zu sorgen; allerdings ist das begrenzt, unbequem und schafft Risiken und Reibungsverluste.
In einer Wirtschaft ist dagegen zu viel Geld vorhanden, wenn es für Wirtschaftstransaktionen nicht gebraucht wird. Kredite sind dann billig zu haben, aber sie sind nicht gefragt. (Das Bankensystem steckt in der Flaute.)
Es ist also abschließend festzuhalten:
- Geld ist nicht gleich Nachfrage. Es ist das Organisationsmittel, mit dem u. a. Nachfrage ausgeübt werden kann.
- Geld entspricht nicht irgend welchen Gütern (Gold, Grund und Boden, Sozialprodukt ...) oder ist durch irgend so etwas “gedeckt“.
- Die Geldmenge ist nicht durch irgend eine Größe vorgegeben. Sie uss vielmehr nach Bedarf festgelegt und gesteuert werden.
- Geld wird nur durch das Vertrauen seiner Nutzer getragen = “gedeckt“.
Inflation wird nicht durch vermehrtes Geld ausgelöst, sondern durch ein eklatantes und andauerndes Missverhältnis von mehr Nachfrage als Angebot an Gütern. Geld ist nicht die Ursache für Inflation; Geld kann aber sehr wohl das Mittel sein um ein Ungleichgewicht zwischen Nachfrage und Angebot wirksam werden zu lassen.
Fazit: Geld ist kein knappes volkswirtschaftliches Gut. Die Geldmenge muss nach Bedarf reguliert werden. (Das ist die Betrachtung der Volkswirtschaft. Ungeachtet dieser richtigen volkswirtschaftlichen Feststellung muss betriebswirtschaftlich für jede einzelne Wirtschaftseinheit Geld ein knappes Gut bleiben!)
Die betriebswirtschaftliche Aussage: “Dafür ist kein Geld da!" ist korrekt und zulässig - in der Betriebswirtschaft! Die entsprechende volkswirtschaftliche Aussage: Dafür sei kein Geld da – ist Unfug! Dagegen könnte die volkswirtschaftliche Feststellung: “Dafür sind keine Ressourcen vorhanden“ zutreffend sein, - obwohl durchaus genügend Geld verfügbar sein könnte.
2.5 Exkurs über die Finanzierung der Renten
Ein leider treffliches Beispiel für die Verwirrungen, die entstehen wenn
betriebswirtschaftliche Betrachtungen auf volkswirtschaftliche Gebiete angewandt
werden, zeigt die Rentendiskussion:
Bedingt durch eine nur mäßige Konjunktur ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland seit
Jahren sehr hoch und die Einkommen das Gesamteinkommen der Beschäftigten ist
zurückgegangen. Da die Einzahlungen in die Rentenkasse aber an das Arbeitseinkommen
gekoppelt sind (warum eigentlich?), sind auch diese Einzahlungen gesunken. Andererseits
steigen auch durch Vorruhestandsregelungen und stetig steigende Lebenserwartung die
Rentenauszahlungen an.
Entsprechend entsteht in der Kasse nun (betriebswirtschaftlich!) ein Defizit. Das
Defizit wird zur Zeit durch Zuschüsse des Staates gedeckt. Soweit wäre alles in
Ordnung, da die reine finanzwirtschaftliche Seite gedeckt wurde; durch diese
staatliche Deckung hat sich das Defizit des Staatshaushaltes erhöht, was wiederum
das Geschrei über die Staatsverschuldung anheizt...
Volkswirtschaftlich ist weder das Defizit in der Rentenkasse noch das nachfolgende des Staatshaushaltes bedenklich, weil bei Arbeitslosigkeit ja ausreichend freie Ressourcen (Arbeitskräfte) zur Verfügung stehen. Es gibt zur Zeit kein reales Problem einer Knappheit -´nur` das eines Überangebots an Arbeit! Soweit könnte alles in Ordnung sein -eben mit Ausnahme der Arbeitslosigkeit. Aber aus der Kassensituation wird nun eine weitere Diskussion hergeleitet: Da auch weiterhin steigende Lebenserwartungen und zu geringe Geburtenraten (das demographische Problem) ein weiteres Anwachsen der Rentnerzahlen und ein Schrumpfen der Erwerbsfähigen bedinge, sei die Rente in Zukunft so nicht mehr finanzierbar. Daher müsse Jeder durch individuelle ( finanzielle )Rentenvorsorge das Seinige tun, um diese Löcher zu stopfen.
Wie wir an anderer Stelle auch gesehen haben, ist wieder einiges an der Argumentation richtig, leider aber die Schlussfolgerung falsch. Zutreffend ist, dass die demographische Entwicklung ein reales Problem schaffen wird: Immer mehr Alte, die aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, müssen von immer weniger Arbeitsfähigen unterhalten werden. Das ist ein riesiges wirklich reales Problem; ob dies durch Rationalisierung jeder Art gemildert oder gar ausgeglichen werden kann, steht dahin.
Ein Finanzierungsproblem wäre nicht dramatisch. Aber die Finanzen signalisieren
hier ein reales Problem !
Dieses reale Problem müsste mit real wirkenden Maßnahmen angegangen werden:
Arbeitszeitverlängerungen (wenn es denn soweit ist - nicht heute), Anreize zur
Erhöhung der Geburtenzahl, gezielte Zuwanderung (wenn es denn soweit ist),
Rationalisierung auch durch Abbau des bürokratischen Apparates
(auch öffentliche Hand)...
Gar kein Lösungsansatz für dieses gewaltige reale Problem ist durch finanztechnische
Maßnahmen zu finden – weder auf individueller Schiene noch generell für die
Rentenkassen: Angespartes Geld beim Einzelnen wie bei der Kasse dient höchstens unter
betriebs-wirtschaftlichem Aspekt der Verteilung. Den drohenden realen Mangel kann man
nicht beheben wenn die realen Ressourcen (hier Arbeitskräfte) fehlen. Alle aufzufordern,
finanziell für das Alter vorzusorgen, bedeutet nur: schärft eure Zähne für den
Verteilungskampf; - aber der dann zu kleine Kuchen wird dadurch auch nicht größer!
Für den Einzelnen ist das betriebswirtschaftlich vernünftig. Volkswirtschaftlich
bringt das gar nichts!
Geld sei der Schatten des realen Wirtschaftslebens, ist oben gesagt worden. Dies
geschah deshalb, um die Aufmerksamkeit wieder darauf zurück zu lenken, dass diese
Schattenwelt nur ein schwarz / weißes Abbild von Bewegungen und Zuständen ist, nicht
jedoch das wirkliche Wirtschaftsleben selbst. Schatten zeigen nur zweidimensionale
Konturen, keine Farben, Nuancen, perspektivische Tiefen. Und mehrere hintereinander
liegende Schichten verdecken sich gegenseitig. Wer ein möglichst vollständiges Bild
haben möchte, muss sich bemühen, das Bild unmittelbar zu sehen. Dabei können
Schatten durchaus zu Verdeutlichungen beitragen, ohne die Realität selbst zu sein.
Die Darstellung der Wirtschaft in Geld ist eine standardisierte abstrakte Sichtweise
realer Gegebenheiten. Diese Darstellung hat sich zu einer eigenen Welt entwickelt und
wird auch so wahrgenommen. Dagegen ist nichts einzuwenden; nur muss man diese zweite
Ebene der Wirtschaft auch als solche getrennt betrachten von der des realen
Wirtschaftslebens.
Diese Welt des Geldes hat ihr eigenes Leben und seine besonderen Regeln entwickelt.
Damit schafft sie Möglichkeiten und Rahmen für eigene “Gesetze“, welche die
Voraussetzungen bilden, damit das Organisationsmittel Geld funktioniert. Diese
Geldwelt darzustellen ist nicht Absicht des Traktats; aber einige Eigenheiten des
Organisationsmittels müssen vor Augen bleiben, um die Thesen klar zu halten.
2.6.1 Geldschöpfung und Geldvernichtung
Volkswirtschaftlich ist Geld kein Gut, das unter nennenswertem Einsatz von
Ressourcen produziert werden müsste. Das Organisations-mittel Geld wird quasi aus
dem Nichts geschaffen wie eine Idee, ein Gesetz oder ein Versprechen. Geld wird
gedruckt oder geprägt, als sog. Giralgeld auf Konten vorgehalten, als
Zahlungsversprechen (Wechsel) in Umlauf gesetzt oder....
An der Geldschaffung beteiligt sind der Staat, die Banken, Private. Wenn eine Bank
z. B. einen Kredit bereitstellt oder mit der Überziehung eines Kontos eine Zahlung
auf ein anderes Konto abwickelt, so hat sie damit zusätzliche Organisationsmittel
in Gang gesetzt, zusätzlich Geld geschöpft; eine dafür vorgeschriebene
Mindestreserve (Stilllegung eines gewissen Prozentsatzes an Bargeld) vermindert
und begrenzt dieses Volumen zwar, neutralisiert es aber bei Weitem nicht.
Hier soll nicht auf die vielfältigen Möglichkeiten, Probleme und Regelungen zur Schaffung oder Vernichtung von Geld eingegangen werden, sondern nur ein kurzer Blick zur Erinnerungan den ständig brodelnden Prozess der Geldschöpfung - und umgekehrt der entsprechenden Geldvernichtung! - geworfen werden. Fakt ist: Es ist nicht nur die Zentralbank (besser: die Zentralbanken) beteiligt, wenn es um die Schaffung oder Vernichtung des Organisationsmittels “Geld“ geht, sondern sehr viele Wirtschaftseinheiten sind da involviert. Dabei fuhrwerkt nun aber auch wiederum nicht Jedermann beliebig herum, sondern es gibt Regeln ( wenn wir z.Zt. auch sehen, dass diese unzulänglich sind) und es gibt auch - über den Zins (Preis für das Zahlungsmittel Geld) - Marktmechanismen, die Rahmenbedingungen für diese Aktivitäten setzen. Die stärksten Hebel unterschiedlicher Art sollten dabei die staatlichen Stellen der Zentralbanken haben. Denn die Versorgung der Gemeinschaft mit dem Organisationsmittel Geld ist hoheitliche Aufgabe. Diese Aufgabe kann delegiert werden an private Unternehmungen; aber der Staat muss natürlich die Regeln festlegen und deren Einhaltung kontrollieren nach denen diese hoheitliche Aufgabe ausgeführt wird. Auch der Strafvollzug kann privatisiert werden; aber das muss strengen Regeln unterliegen.
Im heutigen teilprivatisierten System können die staatlichen Stellen (Zentralbanken) allerdings nur auf Verringerung oder Ausweitung derMenge an Zahlungsmittel hinwirken, kaum aber diese Menge alleine festsetzen. Bei der Bestimmung des Volumens der Zahlungsmittel, also der Menge des Organisationsmittels für wirtschaftliche Transaktionen, wirken nahezu alle Wirtschaftseinheiten -wenn auch in unter-schiedlicher Stärke- mit. Das ist auch richtig so, denn schließlich gebrauchen alle dieses Mittel - und es gibt Niemanden, der von sich aus wüsste, wie viel Geld eigentlich umlaufen sollte. Der Bedarf schafft sich weitgehend selbst die benötigten Organisationsmittel.
Dies ist nun wieder eine rein volkswirtschaftliche Betrachtung, die ihrerseits auch nicht auf die betriebswirtschaftliche Ebene übertragen werden darf. Für den Einzelnen ist Geld, also der Anspruch auf Teile des Volksvermögens, ein knappes Gut - und das muss es auch unbedingt bleiben. Wer einen solchen Anspruch vor seiner eigenen Gegenleistung begehrt (einen Kredit aufnimmt), muss dafür einen Preis bezahlen (Zins) und den Anspruch später rückerstatten, d. h. rückzahlen. Stünden solche Ansprüche hingegen unbegrenzt und damit kostenlos jedem zur Verfügung, so würde das Organisationsmittel seine Funktion sofort vollkommen verlieren, weil natürlich niemand Leistung für ein ohnehin unbegrenzt für ihn zur Verfügung stehendes Gut erbringen würde.
- Volkswirtschaftlich betrachtet ist Geld ein Organisationsmittel; es ist
volkswirtschaftlich kein knappes Gut.
- Betriebswirtschaftlich ist der Anspruch auf Teile des Volksvermögens ein knappes
wirtschaftliches Gut.
- Geldmenge ist nicht gleich Nachfrage. Die Menge des Schmierstoffes erhöht auch nicht
die Geschwindigkeit eines Motors: Das können nur die Antriebskräfte selbst bewirken.
Allerdings kann ein Mangel an dem Organisationsmittel Geld zu Reibungen im
Wirtschaftsablauf und damit Verringerung der Nachfrage führen – ebenso wie fehlender
Schmierstoff die Leistung eines Motors herabsetzen kann.
- Die richtige Menge des Organisationsmittels ´Geld` kann bislang nicht errechnet
werden. Daher ist auch keine Institution in der Lage, die “richtige“ Menge Geldes
rechnerisch zu bestimmen.
Fast alle Wirtschaftssubjekte sind beteiligt und in der Lage innerhalb gewisser
Festlegungen und (Geld-) Markt- Regelungen Geld zu schöpfen oder aber zu vernichten.
Allerdings spielen dabei die Zentralbanken wohl die mächtigste Rolle.
Eine Anmerkung noch zur Geldbetrachtung: Zu welch unsinnigen Behauptungen es führt
wenn die betriebswirtschaftlichen Betrachtungen für die Volkswirtschaft angestellt
werden, sei an einem Beispiel gezeigt: Herr Gerster, Chef der Agentur für Arbeit,
hat in einem Interview gesagt, 140 Milliarden € seien für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
im Osten versickert! Keiner widerspricht einer solchen Aussage, weil sie sich so
plausibel (betriebswirtschaftlich) anhört! Schließlich sind Gelder seiner Behörde
“in den Osten“ geleitet und dort ausgegeben worden. Die Bundesanstalt hat sie nicht
mehr. Sie sind für diese Behörde so verschwunden, als ob sie in der Spielbank verzockt
worden wären. Da kann man Herrn Gerster ja verstehen.
Aber was ist eigentlich volkswirtschaftlich wirklich geschehen? Die Bundesanstalt
für Arbeit hat eine nennenswerte Summe des volkswirtschaftlich nicht knappen
Organisationsmittels Geld für die Organisation von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
zur Verfügung gestellt. Diese ABM's wurden tatsächlich organisiert, sodass
brachliegende Ressourcen (Arbeitskräfte) zur Mehrung des Volksvermögens aktiviert
werden konnten, bevor sie wegen Zeitablauf (Arbeit kann nicht gespeichert werden)
endgültig verloren gingen.
Wenn man das versickern nennt, so muss man bei volkswirtschaftlicher Betrachtung aber
eben auch sagen, welche Pflanzen davon ernährt wurden und welche Früchte daraus wieder
der Allgemeinheit zuwuchsen. Und nicht einmal das reine Geld ist versickert, sondern
wurde von denen, die es erhielten wieder zum Kauf von Produkten ausgegeben und ist
somit auf andere Wirtschaftssubjekte übertragen worden, und so fort .... Nichts an
Geld ist volkswirtschaftlich verloren, - eher schon wie beim Wasser: Versickert und
dem Grundwasser als Kreislauf rückgegeben.
Was wollte Herr Gerster mit einem solchen Satz eigentlich ausdrücken? In seiner Funktion wäre er doch wohl verpflichtet, volkswirtschaftlich zu argumentieren und nicht betriebswirtschaftliche Leidensgesänge anzustimmen. Vielleicht wollte er damit verbrämen, was sonst alles nicht organisiert und gemacht worden ist weil ja ´leider das Geld versickert` sei!
Solches Lamento über das Fehlen von Geld beherrscht ja nun seit Mitte der 80er Jahre die wirtschaftspolitische Debatte vollkommen. Dabei wird die öffentliche Hand rein betriebswirtschaftlich so betrachtet, als hätte sie als Hauptziel einen “ordentlichen“, sprich ausgeglichenen Haushalt einzuhalten; eben so, wie ein auf Erwerb ausgerichtetes Unternehmen -richtigerweise- mindestens eine verlustfreie Gewinn- und Verlustrechnung aufweisen sollte. Und daher findet es auch Jedermann selbstverständlich richtig, dass “der Staat“ ebenfalls einen ausgeglichenen Haushalt haben solle. Hoch lebe die Betriebswirtschaft!
Es ist manchmal richtig, zur Verdeutlichung ein Argument zu überdehnen. Ich will das hier auch tun: Wenn wir schon beim Staat rein betriebswirtschaftlich denken, sollten wir doch wie bei einem Unternehmen ständige Gewinne fordern, statt nur ± 0 im Haushalt. Dann würde der Staat per Saldo Rücklagen ausweisen. D. h. er hätte Ansprüche auf das Sozialprodukt gehortet. Ist dadurch die kommende Generation reicher geworden? Wem würde das nützen?
Der Staat braucht ausreichend Steuereinnahmen, um seine Ausgaben für die Erfüllung
staatlicher Aufgaben zu tätigen, sagt man. Dieser Satz leuchtet unmittelbar ein, weil
er die allgemeine betriebswirtschaftlich Erfahrung treffend widergibt: Jede
Wirtschaftseinheit kann und soll nur das ausgeben, was sie zuvor erhalten hat
- oder was ihr von einer anderen geliehen wurde (Beim Kredit wird dieses “zuvor“
/ “danach“ zeitlich umgedreht).
Dieser betriebswirtschaftliche Grundsatz ist aber nur richtig für alle Einheiten,
die das Ziel haben, möglichst viele Ansprüche auf das Volksvermögen zu erwerben.
Wäre das für diese Einheiten nicht eherner Grundsatz, so brauchten sie nicht solche
Ansprüche mühsam zu erwerben, brauchten daher dann ihrerseits auch keine Leistung
zu erstellen und anzubieten, weil ihre eigenen Ansprüche ja nicht mehr begrenzt wären.
Das System aus Leistung und Gegenleistung würde nicht mehr bestehen.
Für Staat und andere Non-profit-Organisationen ist dieser Grundsatz falsch, weil -wie wir sahen- Staat und andere Non-profits nicht das Ziel haben, möglichst viele Ansprüche auf das Volksvermögen zu erwerben; ihre alleinige Zielsetzung ist es, die Bedürfnisse zu decken, die von anderen Unternehmumgen nicht gedeckt werden können oder - aus politischer Entscheidung - von Anderen nicht gedeckt werden sollen.
3.1 Wozu Steuern ? Wozu nicht ?
In Erfüllung seiner staatlichen Aufgaben beteiligt sich der Staat wie jede andere Wirtschaftseinheit am Wirtschaftsgeschehen: Es müssen Produkte und Leistungen nachgefragt und eingekauft werden. Um solche Transaktionen durchführen zu können, braucht jede Einheit, auch der Staat, Ansprüche auf das Volksvermögen, damit er diese als Gegenleistung für erhaltene Produkte auf den Anbieter solcher Leistungen übertragen kann. Wie jeder Teilnehmer am Wirtschaftsprozess brauchen Staat / Non-profits dieses Tauschmittel. D.h. sie brauchen das Organisationsmittel Geld.
Fragt man nun woher der Staat das benötigte Geld bekommt, so wird die Antwort lauten: von Haushalten und Unternehmen, denen es in Form von Steuern weggenommen wurde; außerdem kommt solches Geld aus Krediten, die andere WIrtschaftssubjekte dem Staat zur Verfügung stellen - und später wieder zurückgezahlt haben wollen (mit Zinsen natürlich). Und schon sind wir wieder in derwohlbekannten Diskussion um Staatseinnahmen, Staatsausgaben und Staatsschulden verstrickt. Aber was soll an dieser Diskussion eigentlich nun wieder falsch sein?
Falsch ist die implizite Unterstellung, dass es sich bei den Staatsfinanzen um eine Umleitung von gegebenen Ansprüchen an das Volksvermögen handele, die von der Seite (Haushalte und Unternehmen)auf die Seite Staat umgeschichtet werden müssten, damit “Staat“ diese Ansprüche selber verfügbar habe. Diese Sicht der Vorgänge sieht den Bereich Steuern und Staatsfinanzen als eine Einheit, sozusagen als die zwei Seiten der selben Medaille an. Die traditionelle politische Debatte legt eine solche Betrachtung nahe. Aber wenn man die Probleme “Staatsfinanzen“ einerseits und “Steuern“ andererseits genau betrachtet, wird deutlich,dass eine solche Einheit keineswegs besteht.
Auch hier wieder narrt uns die Betriebswirtschaft: Das System, unter dem die auf Erwerb ausgerichteten Wirtschaftseinheiten antreten, bedingt, dass niemand sich selbst Ansprüche an die Allgemeinheit schaffen darf. Daher können solche Ansprüche auch nur übertragen werden. Und jede Einheit hat lediglich die ihr übertragenen Ansprüche, die sie wiederum gegen reale Güter eintauschen kann. Diese Bindung zwischen Einnahmen und Ausgaben ist für alle Wirtschaftseinheiten, die auf Erwerb von Ansprüchen aus sind, unabdingbar, um das System überhaupt funktionsfähig zu halten.
Solche Bindung zwischen Einnahmen und Ausgaben besteht aber nicht für Wirtschaftseinheiten, die gar nicht Erwerb von Ansprüchen zum Ziel haben. Weil ´Staat` eben nicht diese Zielsetzung hat, Ansprüche auf das Volksvermögen zu erwerben, ist bei ihm die Koppelung von Einnahmen und Ausgaben unsinnig. Staat hat Bedürfnisse zu befriedigen, die politisch festgestellt werden. Dazu muss er sich im Wirtschaftsgeschehen bewegen und benötigt daher auch das Organisationsmittel Geld. Er tauscht aber nicht seine Leistungen für Gegenleistungen ein, sondern er erbringt Leistungen, weil sie ihm politisch vorgegeben wurden.
Die staatliche Finanzierung hat zwei getrennte Seiten: Einerseits Steuern um
Ressourcen zu reservieren und andererseits Finanzen, als Organisationsmittel zur
Abwicklung wirtschaftlicher Transaktionen.
Die Frage - wozu dann überhaupt Steuern? - drängt sich natürlich auf, wenn diese
Steuern nicht der Finanzierung der Staatsausgaben dienen. Und die zweite Frage steht
dann im Raum: Wie bekommt der Staat eigentlich das benötigte Geld - wenn nicht durch
Steuern? Also zunächst: wozu gibt es die so heiß diskutierten und stets als zu hoch
empfundenen Steuern, wenn damit nicht die Staatsfinanzen abgezweigt werden sollen?
Es wurde festgestellt, dass die öffentliche Hand zur politisch gewollten Befriedigung bestimmter Aufgaben tätig werden muss. Dazu braucht er Ressourcen, die er mit dem Organisationsmittel ´Geld` nachfragt. Falls diese Ressourcen verfügbar sind, wie das z.B. hinsichtlich der Arbeitskräfte in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit der Fall ist, würde hier diese Frage ohne Weiteres enden: Der Staat fragt Arbeitskräfte und andere Ressourcen nach und bezahlt sie mit dem Geld, das, wie wir gesagt hatten, zur Verfügung stehen muss (woher, das wird noch zu betrachten sein). Anderes wäre in diesem Zusammenhang nicht zu sagen.
Normalerweise sind die benötigten Ressourcen aber nicht in ausreichender Menge frei, weil andere Wirtschaftssubjekte sie zur Deckung ihres eigenen Bedarfs nachfragen. Es findet dann ein Wettbewerb um knappe Ressourcen statt. Um staatliche Aufgaben erfüllen zu können, muss Staat dann andere (Nachfrage-) Wettbewerber verdrängen. Das tut er in einer Marktwirtschaft, indem er seinen (Nachfrage-)Konkurrenten einen Teil ihrer Nachfragemöglichkeiten entzieht, d.h. Geld wegnimmt. Dazu erhebt er Steuern! Und nur dazu.
Sinn von Steuern ist es, anderen Teilnehmern am Wirtschaftsgeschehen
Nachfragemöglichkeiten wegzunehmen, um Ressourcen für staatliche Aufgaben frei zu
bekommen. Es ist dagegen nicht Sinn von Steuern Finanzmittel zu beschaffen;
Beschaffung dieses Organisationsmittels ist ein ganz anderes Feld.
Nachfragemöglichkeiten zu entziehen und Geld zu beschaffen sind nur scheinbar zwei
gleiche Seiten ein und derselben Medaille. Wären dies zwei Seiten derselben Medaille,
so müssten sie immer gleich groß sein. Das ist bei dem Entzug von Ressourcen (durch
Erhebung von Steuern) einerseits und den benötigten Finanzmitteln des Staates (für
Beschaffung von Ressourcen) andererseits nur im Ausnahmefall möglich: Denn für alle
(!!) seine benötigten Einkäufe braucht der Staat auf der einen Seite die dem gegebenen
Preisniveau entsprechende Geldmenge; auf der anderen Seite muss er aber nur in dem
Maße allen übrigen We's Nachfragemöglichkeiten durch Steuern entziehen, als die
Mengen der benötigten Ressourcen nicht ohnehin ungenutzt verfügbar sind; wenn sich
beide Größen decken, ist das ein Zufall. Daraus folgt auch, dass die Steuererhebung
zum Zwecke der Ressourcenverfügbarkeit für Staatsaufgaben immer nur kleiner oder
höchstens gleich der Menge benötigter Gelder für Staatsausgaben zu sein braucht:
Wenn (in Geldwerten) die Summe A ausgegeben werden soll, muss höchstens auch nur
die Summe A an Ressourcen durch Steuern freigemacht werden – und dies nur dann,
wenn für den Staat keine Ressourcen ohnehin noch frei wären. In allen anderen
Konstellationen brauchten nur weniger Ressourcen freigemacht zu werden als
gebraucht, dann nämlich, wenn ohnehin Ressourcen ungenutzt brachliegen.
Neben dem Freischaufeln von Ressourcen dienen Steuern aber gerade auch zum Steuern. Dort, wo keine oder, verfälschte Preise, eine marktwirtschaftliche Steuerung von Ressourcen nicht ermöglicht, muss eine korrigierende Preisbildung durch Steuern eingreifen. An vielen Stellen fehlt es nämlich an einer Preisbildung, die die Knappheit der Güter - vor allem langfristig - gut widerspiegelt. Man denke z.B. an das Gut “Umwelt“. Diesen Überlegungen soll hier aber nicht weiter nachgegangen werden.
Oben wurde ausgeführt, dass zum Zwecke der Ressourcenverfügbarkeit für Staatsaufgaben höchstens das Volumen, das der Staat nachfragt, freizuschaufeln sei. Darüber hinaus könnte in einer volkswirtschaftlichen Extremsituation aber auch ohne jeden Ressourcenverzehr für öffentliche Aufgaben die private Nachfrage nach Ressourcen bereits das Angebot übersteigen. Wenn es keine vernünftigen Maßnahmen gibt, das Angebot ausreichend zu erhöhen, könnte es dann geraten sein z. B. im Sinne der Preisstabilität die Nachfrage zu reduzieren. Solcher Entzug von Nachfragemöglichkeiten wäre durch den Entzug von Kaufkraft, Geld also, zu bewerkstelligen. Und das ginge auch durch Erhebung von Steuern. Aber dies wäre dann auch wieder eine Steuerung es Wirtschaftsgeschehens und nicht eine Finanzierungsfrage von etwaigen zukünftigen Staatsausgaben.
Fazit:
Steuern sind das Mittel, um Nachfrage zu vermindern. Dieses Mittel muss dann angewendet werden, wenn die vorhandenen Möglichkeiten des Angebotes nicht ausreichen um die private und öffentliche Nachfrage zu decken, oder wenn andere Gründe ein solches Eingreifen zur Steuerung notwedig erscheinen lassen.
Die effektivsten Steuerformen zur Verminderung von Nachfrage sind die Verbrauchssteuern (Mehrwert-, Mineralöl-, Ökosteuer z. B.). Allerdings sind das auch die Steuern, die am unsozialsten wirken, weil sie die Tragfähigkeit der Besteuerten kaum berücksichtigt. Aber die Anpassung eines Verbrauchssteuersatzes an ie jeweilige Angebots / Nachfragesituation ist sehr leicht zu handeln. Direkte Verbrauchs-steuern bieten sich also hinsichtlich Nachfragewirksamkeit und Flexibilität für rasch notwendige Eingriffe ins Wirtschaftsgeschehen ebenso an, wie für unmittelbar ressourcenbezogene Steuerungen über den Preis (Mineralöl-, Tabak-, Alkoholsteuer z. B.).
3.2 Woher bekommt der Staat sein Geld?
Wenn aber nun Steuern nur deswegen erhoben werden, um Ressourcen zu steuern und
Nachfrage anzupassen, könnte man die eingenommenen Gelder ja vernichten. Das würde in
der Tat den Sinn er Steuererhebung deutlich sichtbar machen: nämlich nicht Finanzmittel
für die Staatsausgaben zu erhalten, sondern “nur“ private Nachfrage nach Ressourcen
zu vermindern.
Wie aber erhält der Staat dann die notwendigen Finanzmittel um seinen Aufgaben nachkommen
zu können?
Wir wissen, dass die Organisation unseres Wirtschaftssystems dem Staat nicht nur
das Gewalt- sondern auch das Geldmonopol (fast allein) vorbehält.
Er ist über die Zentralbank in der Lage, Geld zu schaffen. Diese Institution kann ihm
- entsprechend den politisch verabschiedeten Haushaltsplänen und der erkennbaren
Nachfrage nach Ressourcen - die notwendigen Gelder (d. h. Ansprüche auf das
Volksvermögen) zur Verfügung stellen.
Dass sich dabei die Geldmenge erhöhen kann, stört nur die Monetaristen, die den
Geldschatten ja als die einzige Wirklichkeit sehen; die realen wirtschaftlichen Dinge
ansehen; - Ressourcen, Nachfrage u.a. - betrifft das nicht.
Es soll hier nun solchen extremen Maßnahmen nicht das Wort geredet werden, - so wie hier überhaupt nicht Maßnahmen empfohlen werden; aber um die Gedankengänge zu verdeutlichen, werden solche Möglichkeiten ausgebreitet. Die Situation, dass alle für öffentliche Aufgaben benötigten Ressourcen auch ungenutzt zur Verfügung stünden, ist auch nur ein solch gedachter Extremfall; der für einen solchen Fall angedachte völlige Verzicht auf Steuern wird nie real eintreten. Aber diese Konsequenz sollte den Grundgedanken an einem Extremfall verdeutlichen.
Im Normalfall wird es immer nötig sein, gewaltige Mengen an privater Nachfrage stillzulegen. Dafür ist auch ein Steuersystem anzuwenden, das diesen Grundeffekt hat, und dabei die politisch gewollten Steuerungen erzielt. Solche Steuerungen können Umverteilungen der Einkommen im privaten Sektor sein der korrigierende Preisbildung für Ressourcen oder Anderes, was politisch jeweils gewollt ist. In einem solchen System sind Fragen nach der Leistungsfähigkeit, sozialem Ausgleich, Ökologie oder Gesundheit zu berücksichtigen. Solche Fragen sind z.B. bei der Mehrwertsteuer kaum unterzubringen; bei ihr geht es nur um Vermeidung von Ressourcenverbrauch.
Es drängt sich daher die Vorstellung von einem Steuersystem auf, das die qualitative Steuerung in einem Grundsystem von diversen Steuern vorsieht. Dabei wird bereits ein großer Teil des für öffentliche Aufgaben notwendigen Ressourcenentzugs bewerkstelligt. Der restliche Ressourcenentzug kann dann über jeweils auch kurzfristig anzupassende Verbrauchssteuern vorgenommen werden.
Fazit:
Der Staat (inklusive andere Non-profit-organisationen) hat nicht das Ziel, Einnahmen zu erzielen, denn ihre Aufgaben sind ausschließlich die Erfüllung politisch zugeteilter Ziele. Steuern sind in dem Sinne auch keine Einnahmen für den Staat. Staat benötigt aber Geld, um die ihm übertragenen Aufgaben lösen zu können. Da er das Geldmonopol hat, kann er diese Mittel selbst über seine Zentralbank beschaffen.
Steuern sind als Staatseinnahmen nicht nötig, wohl aber als ein scharfes Instrument, um anderen Wirtschaftsteilnehmern Ressourcen zu entziehen, die für öffentliche Aufgaben benötigt werden. Dass der notwendige Entzug von Ressourcen (=Steuereinnahmen) und deren Nachfrage durch den Staat (=Staatsausgaben) mengenmäßig von selbst deckungsgleich ist, bleibt ein Sonderfall. Dieser Fall, der heute unter dem Begriff “ausgeglichener Staatshaushalt“ totgeritten wird, ist ein Kuriosum. Er ist für uns nicht interessant; schon gar nicht ist er ein Ziel an sich, wie von den betriebswirtschaftlich Argumentierenden suggeriert wird.
Insofern ist die jetzt vorgesehene sog. Schuldenbremse, d.h. das Verbot Staatsausgaben zu tätigen über die Steuereinnahmen hinaus völlig absurd. Solches als Ziel im Grundgesetz zu verankern kann nur Schildbürgern einfallen! Volkswirtschaftlich unbedachte und wissenschaftlich überhaupt nicht abgesicherte Ziele haben im Grundgesetz nichts verloren.
Nun könnte uns allen das ja egal sein, wenn nicht wirklich katastrophale Folgen drohen würden: Denn das gesamtwirschaftliche Gleichgewicht zwischen der gesamten Nachfrage nach Ressourcen für Konsum, Investitionen, (Export-Import) und Staatsaufgaben und dem Angebot ist von sich aus bei gegebenen Preisen fast nie gegeben. Den Ausgleich erreicht man dann über eine Anpassung von Preisen -und damit einer Anpassung von realem Angebot und realer Nachfrage; das ist ein ständiger Prozess, der nie zum Stillstand kommt.
Solche Anpassung trifft schließt auch die Opreise für Ressourcen ein; damit wird deren Nachfrage und Angebot ebenfalls verändert.
Allerdings haben wir durch politisch-soziale Entscheidung festgelegt, dass Preise
und Menge für Arbeit nur in geringen Dosen schwanken sollen; grundsätzlich solle alle
beschäftigt und bezahlt werden (Vollbeschäftigung) und die tariflich vereinbarten
Preise für Arbeitsleistung sollen nicht wesentlich unterschritten werden. Eine solche
Festlegung ist durchaus systemkonform, denn wir wollen ja eine soziale Marktwirtschaft
und nicht eine absolute oder kapitalistische.
Hier muss eine kurze Anmerkung eingeschoben werden: Es wird vor allem von einigen
politischen Richtungen immer wieder der Eindruck zu erwecken versucht, Marktwirtschaft
sei zwangsweise absolut (das wird dann als ´freie` Marktwirtschaft bezeichnet) und
kapitalistisch. In Wirklichkeit ist Marktwirtschaft ein Verfahren, um die Interessen
und Aktivitäten Vieler im Spiel zu halten und für Anstrengungen im Wirtschaftsbereich
zu nutzen. Damit ist auch verbunden, dass die Individuen jeweils eigenem Vorteil
folgen; das ist eine Neben-bedingung um deren Interesse und Einsatz zu mobilisieren.
Damit ist aber nicht das Ziel allen Wirtschaftens bereits festgelegt: Shareholdervalue oder Kapitalakkumulation ist nicht das Ziel unseres Wirtschaftssystems. Das System muss vielmehr nach unserer Auffassung in Deutschland zur Zeit die Versorgung kurz- und langfristig für alle sicherstellen. Dazu müssen auch die vernünftigen Interessen aller berücksichtigt werden - also der zu versorgenden Bürger, der Arbeitnehmer und der Kapitalgeber. Soziales wird als Ziel politisch (nicht parteipolitisch!) ermittelt und vereinbart. Markt ist dabei das Organisationsverfahren und das Ziel ist sozial definiert. So ist m.E. Soziale Marktwirtschaft zu buchstabieren.
Aber nun zurück zum Thema:
Das Gleichgewicht zwischen Nachfrage für Konsum, Außenbeziehungen, Investitionen und
Gemeinschaftsaufgaben einerseits und Angebot von Gütern und Dienstleistungen (incl.
Arbeit) stellt sich bei gewollter Preisstabilität und Vollbeschäftigung gerade
kurzfristig nicht automatisch ein. Hier muss ausgleichend eingegriffen werden. Das ist
Aufgabe der öffentlichen Hand, weil andere damit kein persönliches (materielles)
Interesse verbinden können. Und diese Aufgabe kann der Staat nur wahrnehmen, wenn er
dazu genügend Spielräume hat. Wird aber eine sog. Schuldenbremse verhängt und als
grundgesetzliches Ziel verankert, so ist dieser Freiraum hin. Die grundgesetzlich
Schuldenbremse ist so sinnvoll wie die Vorschrift, dass man vor dem Durchschwimmen
eines größeren Flusses sich Handschellen anzulegen habe um etwaigen Nachahmern die
Lust zu nehmen, solches auch zu versuchen.
Wenn man also ´Staathaushalt` nicht betriebswirtschaftlich sondern aus dem Blickwinkel der Volkswirtschaft betrachtet, was man unbedingt tun sollte, so ergibt sich ein vollkommen anderes Bild als wir gewohnt sind. Wir sahen: Es kann sich zufällig ergeben, dass die durch Steuern abgezogenen Gelder (Nachfrageentzug) gleich hoch sind wie die, die dem Staat und anderen Non-profits zur Erfüllung vorgegebener Aufgaben (z.B. von einer Zentralbank) übertragen wurden.
Ein solcher Zufall sollte nicht irritieren. Er würde lediglich widerspiegeln, dass ohne das wirtschaftliche Einwirken von Staat und anderen Non-profits alle übrigen Wirtschaftssubjekte, also Private, Profit-orientierte Organisationen (und Ausland) genau nur so viele der zu diesem Zeitpunkt angebotenen Ressourcen nutzen, als vom Staat nicht benötigt werden. (Anmerkung: Wenn hier von Ressourcen die Rede ist, sind die verfügbaren Arbeitskräfte in erster Linie gemeint.
Diese nicht zu nutzen ist volkswirtschaftlich Verschwendung und bedeutet gleichzeitig höchste soziale Ungerechtigkeit. Denn Vollbeschäftigung muss das zentrale Ziel sein. Die Nutzung aller anderen Ressourcen wird nicht angestrebt, weil sie nicht ´verderblich` sind; nicht genutzte Arbeitskraft aber verfällt augenblicklich.)
Es gibt in unserer Marktwirtschaft nichts, was einen solchen Zustand der Vollbeschäftigung automatisch herzustellen in der Lage ist - wie die andauernde Arbeitslosigkeit über lange Zeiten in nahezu allen Ländern der Welt seit eh und je zeigt; wenn Vollbeschäftigung aber einmal erreicht ist, kann natürlich zufällig auch die staatliche Nachfrage gleich groß sein, wie die durch Steuern abgeschöpfte. Dieser Zufall ist ähnlich wahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto. Aber im Gegensatz zum Treffer im Lotto bleibt hier unerfindlich, weshalb ein solcher Zustand auch wünschenswert wäre. Ihn zu einem politischen Ziel gar zu erheben, ist reine Willkür...
Es gibt aber auch Phasen in der Volkswirtschaft, in denen mehr Kaufkraft entzogen werden muss als der Staat selbst für Ressourcenbeschaffung benötigt und es gibt Phasen, in denen der Staat herzlich wenig entziehen sollte, weil ohnehin die verfügbaren Ressourcen - Arbeitskräfte - sonst ungenutzt verfallen würden; letzteres - die Arbeitskraft von Menschen verfallen lassen – tun wir aber seit Jahrzehnten! Damit verschwenden wir sie jeden Tag in unglaublich hohem Maße. Warum? Unsere einzige Begründung ist: Wir haben kein Geld! Die reale Belastung der jungen Generation ist aber nun nicht die Rückzahlung oder die Verzinsung der Staatsschulden an sich, wie immer wieder lamentiert wird. Die reale Belastung ist vielmehr der ungenutzte Verfall vorhandener Arbeitskraft, die für immer verloren bleibt. Nein, unterlassene Infrastrukturinvestitionen in Bauten, Umweltschutz, Verkehrssysteme, Bildung oder auch Entwicklungshilfe sind es, die zu Lasten kommender Generationen gehen. Das ist die wirkliche und unverantwortliche Verschwendung!
Einzige “Begründung“ für solche ungeheure Verschwendung ist -wie gesagt- die Behauptung, wir hätten kein Geld! Wie wir aber oben sahen, ist Geld in der Volkswirtschaft (respektive in der Weltwirtschaft) kein knappes Gut. Es ist ein Organisationsmittel, das in der Menge geschaffen werden sollte, in der es gebraucht wird. Und wenn es gebraucht wird, um die gigantische Ressourcenverschwendung der Arbeitslosigkeit zu stoppen, sollte darüber nachgedacht werden, warum es eigentlich nicht tatsächlich auch geschaffen wird…
Diese Diskussion wird nun seit langem durch das Verschuldungsargument erstickt. Die Politik sagt generell: Wenn der Staat mehr ausgibt als er durch Steuern einnimmt, macht er Schulden, die von unseren Kindern und Enkeln rückgezahlt werden müssten; wir verspielten die Zukunft unserer Nachkommen - heißt es. Eine anrührende Behauptung! Wir sollten sie einmal abklopfen: Wir gehen davon aus (und die Erfahrung zeigt, dass dies in der Regel auch tatsächlich der Fall ist), dass der Staat also nachhaltig mehr ausgibt, als er durch Steuern “einnimmt“. Dazu nimmt er heute Kredite auf bei Banken und anderen Privaten, er verschuldet sich damit also (betriebswirtschaftlich) bei anderen Wirtschaftssubjekten seiner eigenen Volkswirtschaft.
Eine Verschuldung im Ausland bleibt hier aus 2 Gründen außer Betracht: Zum Einen kann man diese ganzen Betrachtungen von einer Volkswirtschaft auf die Weltwirtschaft ummünzen; dann gibt es kein “Außen“ mehr, sondern nur noch binnen. Zum Anderen aber ist die spezielle deutsche Situation (die natürlich auch aktueller Hintergrund dieser Thesen ist) von einer Verschuldungsproblematik nach außen völlig unberührt!
Nun ist aber auch klar: Es kann keine Gläubiger ohne Schuldner geben. Und wo es
Schuldner gibt, den Staat z. B., muss es für den gleichen Betrag auch Gläubiger geben.
Das ist immer ein Nullsummenspiel in der Gesamtwirtschaft.
Wer nun also heute einen Kredit gibt, erhält entsprechendes Geld einschließlich Zinsen
morgen wieder zurück. Diese Wirtschaftseinheiten stehen sich in Zukunft doch wohl nicht
schlechter!? Deren Zukunft haben wir doch wohl kaum “verfrühstückt“.
3.3.1 Eine Verteilungsproblematik
Von wem wird denn eigentlich das Geld weggenommen (in Form von Steuern), das dann in späteren Jahren zur Rückzahlung gebraucht wird? Zunächst einmal folgt aus dem oben Gesagten, dass unterstellt ist, dieses Geld müsse tatsächlich anderen entzogen werden; möglicherweise müssten Private und Profit orientierte Organisationen zu Nachfrageverzicht gezwungen werden, weil keine freien Ressourcen verfügbar seien.
Das ist nun aber keineswegs gesagt: Gerade bei Arbeitslosigkeit kann diese
entscheidende Ressource ohne weiteres verfügbar sein. Falls aber doch ein solcher
Nachfrageverzicht erzwungen werden muss, ist für das Gesamtsystem Volkswirtschaft
diese Frage offensichtlich irrelevant: Denn es wird dabei ja lediglich umgeschichtet
innerhalb der Gesamtwirtschaft -und dabei geht nichts verloren. Was zunächst bei
Kreditaufnahme von Privat / Banken auf den Staat umgeschichtet wurde, wird lediglich
wieder zurückgeschichtet. Aber vielleicht könnte diese Umschichtung eine unerwünschte
Umverteilung innerhalb der Volkswirtschaft bewirken? Auch darüber ist natürlich
nachzudenken:
Wer kreditiert heute eigentlich dem Staat und wer bekommt dies morgen einschließlich
der Zinsen rückgezahlt? Grundsätzlich fließt das Geld doch an die Institutionen und an
die Schichten zurück, die es auch gegeben haben. Diejenigen, die heute das Geld
herleihen konnten, gehören zum großen Teil auch in Zukunft immer noch zu den sozial
Stärkeren. Das bedeutet: Die Um- und Rückschichtung bei staatlicher Kreditaufnahme
spielt sich in der Regel mit der selben sozialen Schicht ab, so dass grundsätzlich eine
generelle Veränderung der Vermögensverteilung dadurch nicht zu erwarten ist.
Aber für die Verteilung ist auch die Frage natürlich wichtig: Von wem wird Geld ggf. genommen, wenn rückgezahlt wird? Und hier scheint in der Tat eine gewisse Problematik zu liegen. Denn unsere Besteuerung garantiert wohl nicht, dass eine wie immer geartete und von Jedermann so empfundene “gerechte“ Lastenverteilung dann vorliegt. Die Frage, was “gerecht“ ist und was nicht, ist aber nun nicht Gegenstand dieser Erörterung. Festzuhalten ist jedoch, dass lediglich die Beitreibung der rückzuzahlenden Gelder ein Verteilungsproblem aufwerfen kann, nicht aber die Rückzahlung selbst. Und diese Eintreibung folgt den selben (“gerechten“ oder “ungerechten“) Gesetzen wie die Steuergesetzgebung sie heute oder in Zukunft vorgibt. Aber auch hier hält aber eine volkswirtschaftliche Betrachtung noch andere Möglichkeiten bereit.
An dieser Stelle sei nun eine weitere Überlegung eingebracht. Sie betrifft die Frage: Warum nimmt der Staat eigentlich Kredite bei anderen Wirtschafssubjekten auf? Wenn der Staat derjenige ist, der Geld schaffen darf, warum schafft er es denn dann nicht, wenn es gebraucht wird?
Wir sahen: Geld ist ein unentbehrliches Organisationsmittel für eine arbeitsteilige Marktwirtschaft. Es ist ´gedeckt` ausschließlich durch das Vertrauen derjenigen, die damit arbeiten. Eine Wirtschaft mit diesem Organisationmittel zu versehen ist ordnungspolitische Aufgabe des Staates. Diese Aufgabe ist in der Weltwirtschaft teilprivatisiert. Wie funktioniert das?
Geld existiert nicht nur in Form von Banknoten und Münzen. Es soll hier einmal exemplarisch kurz geschildert werden in welcher Form Geld bei uns auftreten kann und wie es geschaffen wird.
Eine der ältesten Formen von Geld ist der Wechsel. Das ist ein Schuldanerkenntnis, mit dem ein Schuldner (der z.B. etwas gekauft aber noch nicht endgültig bezahlt hat) sich verpflichtet an einem bestimmten Tag seine Schulden endgültig zu bezahlen; diese Bezahlung wird er an jede Beliebigen leisten, der ihm dafür seinen Wechsel zurückgibt. Da er jedem, der den Wechsel präsentiert, das Geld zahlt, können zwischenzeitlich mit diesem Wechsel andere Geschäfte getätigterden; es können also Güter erstanden und mit diesem Papier bezahlt werden. Damit hat dieser Schuldschein die Funktionen von Geld übernommen. Es arbeitet als zusätzliches Geld neben Noten und Münzen.
Ein solcher Wechsel kann auch einer Bank übereignet werden, die dafür bares Geld zur Verfügung stellt. Sie holt sich ihr Geld am Verfalltag vom ursprünglichen Schuldner, dem Aussteller des Wechsels wieder. Auch können Kreditinstitute untereinander solche Wechsel ausstellen oder weitergeben und sich so selbst refinanzieren.
Mit Einrichtung bargeldlosen Zahlungsverkehrs, also Zahlung durch Überweisung von Konto zu Konto, ist eine ´Geldmaschine` sondergleichen geschaffen worden. Eine Bank, die eine Geldeinlage eines ihrer Kunden verwaltet, also dessen bare Mittel besitzt, kann einem anderen einen Kredit einräumen. Hebt dieser Andere die Kreditsumme ab, so sind die baren Mittel der Bank fort -und das Spiel wäre für sie zu Ende. Hebt der Kreditnehmer aber nicht ab, sondern überweist er das, was er bezahlen will, jemandem, der selbst ein Konto bei dieser Bank hat, so bewegt sich überhaupt kein Bargeld. Die Bank verfügt immer noch über die Summe des bei ihr deponierten Bargeldes -und kann das selbe Spiel wiederholen. Begrenzt wird dies nur dadurch, dass die Bank einen festgelegten Prozentsatz der gewährten Kredite bei der Zentralbank zu hinterlegen. Da aus dem Bankensystem insgesamt (von Auslandstransfers wird hier einmal abgesehen) kein Bargeld verschwindet, ist diese Mindestreserve die einzige Beschränkung der Kreditgewährung der Banken.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Geldmenge in einer Volkswirtschaft bzw. insgesamt in der Weltwirtschaft? Über die Zustimmung oder aber die Ablehnung Wechsel anzukaufen einerseits und über die Festlegung von Mindestreserven kann das Volumen der von Privaten (einschließlich Banken) bereitgestellten Geldmenge wesentlich beeinflusst werden. Es obliegt der staatlichen Zentralbank diese Mengensteuerung vorzunehmen. Es kommt auf die jeweilige Situation an, dies entsprechend auszutarieren.
Braucht der Staat nun aber mehr Geld als er den Übrigen Wirtschaftssubjekten fort
nehmen kann oder fort nehmen will, so könnte ihm die Zentralbank doch jede benötigte
Menge zur Verfügung stellen in dem Rahmen, der volkswirtschaftlich opportun erscheint.
Da die Zentralbank dem Staat selbst gehört, wäre das eine Transaktion sozusagen
“rechte/linke“ Hosentasche. Eine Rückzahlung (an sich selbst) könnte unterbleiben oder vorgezogen werden oder zusätzlich erfolgen, je nach dem, was volkswirtschaftlich zweckmäßig wäre.
Ein solches Vorgehen hätte mehrere Vorteile:
Erstens würde man vermeiden können, dass eine Kreditaufnahme zu einem für die
Finanzwirtschaft des privaten Sektors ungünstigen Zeitpunkt dort stören könnte; das
selbe gilt für die Festlegung einer Rückzahlung aufgenommener Kredite.
Zum Anderen wären damit alle eventuell zu befürchtenden Verteilungsproblematiken zu umgangen.
Aber auch Nachteile eines solchen Verfahrens würden drohen:
Ob das damit dann wegfallende Anleihegeschäft der Banken an die Öffentliche Hand ein
solcher Nachteil wäre, sei einmal dahingestellt. Klar ist aber, dass die Verantwortung
für Geldwertstabilität, Vollbeschäftigung und außenwirtschaftliches Gleichgewicht neu
und neutral geregelt werden müsste.
Einem vor allem auf Machterhalt fixierten Parteien-Parlament und entsprechender Regierung ist dies wohl kaum anzuvertrauen. Dafür bedürfte es z.B. einer entscheidungsfindenden Bundesbank (oder vielleicht auch europäischen Zentralbank), deren Mitglieder den Status haben, den z.B. auch die Mitglieder des Verfassungsgerichtes genießen.
Überhaupt kein Gegenargument darf es allerdings sein, dass eben dies,die Finanzierung
des Staates durch die Zentralbank, in den europäischen Regelungen ausdrücklich untersagt
sei. Alle solche Regelungen sind schließlich für die Menschen und deren Wohlergehen da
- und nicht die Menschen haben unter solchen Regeln zu leiden. Diese Regelungen sind
nicht gottgegeben; wenn sie falsch sind, müssen sie halt geändert werden.
Starre Regelungen wie sie z. B. der sogenannte europäische Stabilitätspakt aber auch
das Grundgesetz vorschreiben, sind nicht nur unzweckmäßig sondern außerordentlich
gefährlich. Für Volkswirte muss immer der Grundsatz gelten: „Es kommt auf die
jeweilige Lage an und der Maßstab ist das Wohlergehen der Menschen“. Starre Regeln
können für wirtschaftspolitische Entscheidungen das Denken und Bewerten nicht ersetzen!
Aktuelle Bestrebungen schärfere Regeln starr vorzugeben (etwa ein völliges Verbot von
Staatskrediten im Verfassungsrang zu erlassen), würden den Staat wirtschaftspolitisch
handlungsunfähig machen, ja ihn sogar dazu zwingen, gesamtwirtschaftliche Situationen
eines Ungleichgewichtes noch zu verschärfen! Eine Republik der Lemminge wäre verankert.
Genau das geschieht aber zur Zeit mit der sog. ´Schuldenbremse`. Und Keiner, auch die
Volkswirte, redet darüber. Ist das so vollkommen zu Ende gedacht?
Zusammenstellung der Thesen:
A) Volkswirtschaft ist grundsätzlich anderes als Betriebswirtschaft.
Betriebswirtschaft betrachtet die Wirtschaftssubjekte, ihre Struktur, Ziele und ihre Bedingungen unter denen sie handeln; sie endet ihre Betrachtung dort, wo die unmittelbaren Wechselwirkungen für die einzelne Wirtschaftseinheit sehr schwach werden.
Volkswirtschaft untersucht das ganze Wirtschaftsnetz; einzelne Wirtschaftseinheiten interessieren lediglich als Bausteine des Netzes.
Betriebswirtschaft analysiert den Punkt im Wirtschaftsnetz; sie betrachtet dessen Kontaktpunkte (linear) und geht auf selbem Weg wieder (linear) zum Ausgangspunkt zurück.
Volkswirtschaft denkt immer in Kreisläufen.
B) Unterschiedliche Wirtschaftssubjekte haben grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben. Daher müssen auch ihre konkreten Ziele andersartig sein:
Im Wirtschaftsgeschehen haben Haushalte und profitorientierte Unternehmen das Ziel, ihre Ansprüche auf Teile des Sozialproduktes möglichst zu mehren; dafür bieten sie eigene Leistungen an. Sie sind eigen-orientiert.
Einrichtungen der Öffentlichen Hand (Staat) und die anderen non-profit-orientierten
Wirtschaftseinheiten haben Aufgaben zu erfüllen, die nicht dem Eigennutz entspringen
sondern dem Nutzen Anderer dienen; sie sollen also nicht eigene Ansprüche mehren,
sondern Leistungen erbringen, die nicht marktmäßig von erwerbswirtschaftlich
orientierten Einheiten zu erbringen sind. Sie sind primär einem außen-liegendem
Ziel verpflichtet.
Um dieses zu erfüllen, müssen sie aber Ansprüche auf das Sozialprodukt (Geld) abgeben;
solche Ansprüche müssen sie aber zuvor zur Verfügung erhalten.
C) Geld ist ein Organisationsmittel, das der Abwicklung des Wirtschaftsgeschehens dient.
Geld ist für die Volkswirtschaft kein knappes Gut. Es wird geschaffen so, wie es gebraucht wird.
In der Betriebswirtschaft ist Geld ( =Ansprüche) für den Einzelnen Ziel seiner Anstrengungen; daher muss es hier ein knappes Gut sein und bleiben.
Einrichtungen der öffentlichen Hand sind keine Erwerbsunternehmen.
Daher muss für sie auch nicht der wirtschaftliche Erfolg festgestellt werden. Also
macht es auch keinen Sinn, für sie eine Bilanz zu erstellen.
Wenn aber überhaupt eine betriebswirtschaftliche Bilanz erstellt wird, dann bitte
nach betriebswirtschaftlichen Regeln, also:
Gegenüberstellung von Schulden und Vermögen. Eine Aufzählung allein der
Verbindlichkeiten (Schulden) ohne Erwähnung des Vermögens ist nicht nur völlig sinnlos
sondern wegen dieser Verfälschung gefährlich.
E) Geldmenge ist nicht gleich Nachfrage.
Daher ist die Geldmenge auch niemals Ursache für Inflation. Ursachen für Inflation
können sein:
- Nachfrage ist nachhaltig größer als das Angebot;
- Kostenfaktoren steigen gravierend; z. B. Außenwirtschaftlich bedingt (Wechselkurse
oder Energiepreise) oder binnenwirtschaftlich (Tarifabschlüsse) ausgelöst.
Eine entsprechende Geldmenge ist zur Abwicklung aller Transaktionen gerade bei Inflation notwendig. Sie ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für Inflation.
F) Für das Organisationsmittel Geld kann die Soll- Menge nicht errechnet werden.
Denn Geld ist nicht an eine quantifizierbare Größe gekoppelt. Geld entspricht nicht einem anderen Wert oder einer anderen Menge. Geld ist ein Organisationsmittel, das in einer Menge benötigt wird, die sich aus der jeweiligen Situation ergibt.
Die sog. Deckung des Geldes stammt nicht aus irgendeiner anderen Menge her, sondern allein aus dem Vertrauen der handelnden Wirtschaftssubjekte. Und Vertrauen ist nicht rechenbar.
G) Der Grundsatz, dass eine Wirtschaftseinheit nur so viele Ansprüche an das Sozialprodukt erheben darf als sie selbst erarbeitet hat, ist unabdingbar für alle profit-orientierten Einheiten. Er ist sinnlos für Staat und andere Non-profit-Organisationen.
H) Steuern dienen nicht der Finanzbeschaffung des Staates. Sie dienen der Steuerung von wirtschaftlichem Geschehen dort, wo die Preisbildung (Markt) versagt.
- Preise steuern den Markt. Da, wo politische Prioritäten nicht in der Knappheit der Güter und damit im Preis ausreichend widergespiegelt werden, müssen Preise durch politisches Eingreifen so beeinflusst werden, dass danach das politisch Gewollte im Marktmechanismus erreicht wird. Das kann mit Steuern geschehen. Z.B. beim Verbrauch von Umwelt ist das der Fall.
Steuern dienen aber auch dazu, Ressourcen frei zu halten, die sonst von Privaten und profit-orientierten Organisationen verbraucht, für Staat aber eigentlich gebraucht werden. Wenn also Private und Profitorientierte so viele Ressourcen verbrauchen, dass sie zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen, müssen die Ansprüche der Ersteren durch Entzug von Kaufkraft so weit reduziert werden, dass für politisch Gewolltes die ausreichenden Ressourcen übrig bleiben.
I) Das Wort ´Staatsschuld` ist ein Totschlags-“Argument“
im Machtkampf der Parteien geworden; es dient nicht der Sachdiskussion zur
Volkswirtschaft.
- Betriebswirtschaftlich sind Schulden an sich nichts Böses; betriebswirtschaftlich
wird es erst kritisch, wenn den Schulden kein Vermögen gegenübersteht. Das ist dann
eine Überschuldung, die jedoch beim Staat bis heute nicht festgestellt wurde, weil
das Vermögen des Staates noch nie festgestellt wurde.
- Volkswirtschaftlich sind die sog. Schulden des Staates (gemeint sind die vom Staat aufgenommenen Kredite) ein Nullsummenspiel, eine Umverteilung von Kreditgebern auf den Staat. Dadurch ist die Gesamtheit nicht ärmer geworden. Das Selbe gilt auch für die Rückzahlung dieser Kredite: Auch das ist lediglich wieder eine Umverteilung, ohne dass die Gesamtheit damit etwas verliert. Falls bei dieser Rückverteilung ein dabei entstehender Umverteilungseffekt als unerwünscht oder ungerecht erachtet wird, so ist das eine Frage, wie das ohnehin bestehende Steuersystem eben ausgelegt ist. Eine zusätzliche Ungerechtigkeit entsteht jedenfalls nicht.
J) Interne Staatsverschuldung ist kein volkswirtschaftliches Problem.
Die sog. Konsolidierung des Staatshaushaltes kann daher auch nicht Ziel der
Wirtschaftspolitik sein - schon gar nicht das vorrangige.
Den ausgeglichenen Staatshaushalt zu fordern ist rational wirtschaftspolitisch unbegründet.
K) Es gibt keine Verschwendung von Finanzmitteln. Es gibt in der volkswirtschaftlichen Realität nur die Verschwendung von (knappen) Ressourcen.
M) Die größte Verschwendung ist die Nicht-Nutzung vorhandener Arbeitskräfte!! Dies wird Arbeitslosigkeit genannt.
Die tägliche Diskussion auf allen Ebenen der Politik fordert zu einigen grundlegenden Gedanken heraus. Es geht ständig um Finanzen (fehlende), Staatsverschuldung, sog. Stabilitätskriterien u.ä.. Die wirklichen Probleme wie z.B. Ressourcenvergeudung durch Arbeits-losigkeit, Ressourcenmangel bei der zu erwartenden demographischen Entwicklung, mangelhafte Infrastruktur (auf Grund des Geldmangels natürlich!) gehen dabei regelmäßig unter.
Mit diesem Traktat will und kann ich nicht Handlungsvorschläge machen. Darüber ist später zu befinden. Ich will aber eine Diskussion darüber anstoßen, was als Argument im politischen Feld zutreffend sein kann und was nicht. Die Tot-Schlag-Worte ´Staatsverschuldung`, ´Ausgleich des Staatshaushaltes`, ´fehlende finanzielle Mittel` u.a. sollten m.E. in der Diskussion gewogen und gewertet werden. Es sollten die Volkswirte sich auf ihre Disziplin rückbesinnen und mit fachlicher Vernunft eingreifen.
Warum tun sie das nicht? Warum meldet sich hierzu keiner zu Wort? Dies ist eine verwirrende und beunruhigende Tatsache bei dieser Thematik. Nicht dass die Systematik, die Fakten oder die Schlussfolgerungen strittig sein können; das wäre ja einem Diskurs zugänglich. Aber dass das Thema überhaupt nicht existiert ist verwunderlich!
Und noch ein Wort zu dem angestrebten Diskurs: Hiermit ist nicht eine der üblichen Auseinandersetzungen angestrebt, bei denen es darauf anzukommen scheint, dass eine der Meinungen obsiegt. Diese Art von Diskussionen dienen gerade im politischen Raum in der Regel dem Kampf um die Vorherrschaft der jeweiligen Stellung. Darum kann es hier garnicht gehen. Ein Diskurs sollte alle Beteiligten und die Sache vielmehr weiterbringen. Er sollte Fakten klären helfen, er sollte derGewichtung der Fakten dienen, die Denk- und Bewertungssysteme offen legen und die daraus zu ziehenden Schlüsse zeigen. Wer dabei “recht hat“ und wer nicht, ist unerheblich. Es gilt, das Denksystem der Sachfrage weiter zu entwickeln und Erkenntnisse hochzutreiben. Wenn dieser Traktat über die angesprochene Sache einen solchen Diskurs anregen kann, wäre ein erster Schritt getan; und mit einem ersten Schritt fängt bekanntlich jede lange Reise an.
In diesem Sinne freue ich mich auf jeden Reisegefährten.
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