Wer kennt heute noch das Bachneunauge? Es ähnelt im Aussehen dem eines kleinen Aals und wird nur 10 bis höchstens 20 cm lang. Es ist mit diesem und anderen Fischarten nicht „verwandt“, sondern gehört zu den sogenannten Rundmäulern, eine sehr altertümliche Tiergruppe, die keine Unterkiefer ausgebildet hat. Die Bezeichnung ergibt sich daraus, dass Nasengrube, Auge und sieben Kiemenöffnungen bei Betrachtung „neun Augen“ ergeben.
Das Bachneunauge ist vorzugsweise ein Bewohner von sauberen, klaren und sauerstoffreichen naturnahen Bächen. Die Lebensweise ist kurios. Im späten Frühjahr laichen die erwachsenen Tiere, die keine Nahrung mehr zu sich nehmen, auf Kiesbänken ab und sterben. Aus den Eiern schlüpfen augenlose Larven, die sogenannten „Querder“. Sie leben vier bis sieben Jahre lang in humosen Sandanschwemmungen und unter verrottetem Laub, wo sie sich von Algen und Kleinsttieren ernähren. Dann beginnt der „Kreislauf“ erneut. Wichtig für Querder sind nicht verfestigte Sandbänke, die mit feinem organischen Material leicht durchsetzt sind , aber keinen Faulschlamm aufweisen dürfen. Optimale Lebensbedingungen finden Bachneunaugen deshalb in unregulierten naturbelassenen Bächen, von denen es im Spessart noch einige gibt.
Die Bestände sind in den letzten Jahrzehnten in ganz Mitteleuropa durch Gewässerverbauungen und Wasserverschmutzungen stark zurückgegangen. Auch in Bayern wird das Bachneunauge, das naturschutzrechtlich streng geschützt ist, als „stark gefährdet“ eingestuft. Hier kommt es vor allem noch in naturnahen Nebenbächen des Mains vor, vor allem im Spessart. Allerdings sind einige Spessartbäche heute in den Oberläufen stark von Bibern besiedelt, die zahlreiche Dämme errichtet haben, beispielsweise die Lohr oberhalb Frammersbach und vor allem der Lohrbach non Neuhütten bachaufwärts. In den Staubereichen hinter den Biberdämmen setzt sich Sand und Schlamm ab und verdichtet sich, im Sommer erwärmt sich das Wasser und wird sauerstoffarm. Elektrotestbefischungen haben ergeben, dass dort keine Bachforellen, Bachneunaugen und Mühlkoppen (ebenso streng geschützt) mehr vorkommen. Ausserhalb dieser Biberstaubereiche gibt es noch gute Bestände dieser Arten. Allerdings erreichen diese nicht mehr ihre Laichgebiete auf den früheren Kiesbänken der kleinen Oberläufe, die nun versandet und verschlammt sind. Wie dies sich langfristig auf die Bestände auswirkt, bleibt abzuwarten. Schliesslich sind die Biber erst vor wenigen Jahren eingewandert.
Das Foto entstand anlässlich einer Elektrotestbefischung durch das Bayer. Landesamt für Umwelt am Aubach nahe Krommenthal. Hierbei werden die Fische lediglich registriert und sofort wieder in die Freiheit entlassen.
Winterabendsonne an der "rauen Rampe" in der Lohrer Wöhrde copyright 2009 - 2020 Richard Winter |